Leitsatz
1. Ist Art. 14 Abs. 1 Buchst. b S. 1 der RL 2003/96/EG dahingehend auszulegen, dass der Ausschluss der privaten nicht gewerblichen Luftfahrt von der Steuerbegünstigung bedeutet, dass eine Steuerbefreiung für Energieerzeugnisse zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt nur Luftfahrtunternehmen zu gewähren ist, oder ist die Steuerbefreiung auf alle in der Luftfahrt eingesetzten Kraftstoffe zu erstrecken, sofern der Einsatz des Flugzeugs erwerbsbezogenen Zwecken dient?
2. Ist Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der RL 2003/96/EG dahingehend auszulegen, dass sich die Bestimmung auch auf Kraftstoffe bezieht, die ein Flugzeug für den Flug zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück benötigt, oder gilt die Begünstigungsmöglichkeit nur für Unternehmen, deren eigentlicher Geschäftszweck die Fertigung, Entwicklung, Erprobung oder Wartung von Luftfahrzeugen ist?
3. Ist Art. 11 Abs. 3 der RL 2003/96/EG dahingehend auszulegen, dass beim Einsatz eines sowohl privat als auch gewerblich genutzten Flugzeugs für Wartungs- oder Schulungsflüge nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der RL 2003/96/EG eine auf die gewerbliche Verwendung bezogene anteilmäßige Steuerbefreiung für den bei diesen Flügen eingesetzten Kraftstoff zu gewähren ist?
4. Falls die Frage zu Nr. 3 verneint wird: Kann aus der Unanwendbarkeit des Art. 11 Abs. 3 der RL 2003/96/EG im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der RL 2003/96/EG geschlossen werden, dass bei gemischter Verwendung eines Flugzeugs zu privaten und gewerblichen Zwecken für Wartungs- und Schulungsflüge keine Steuerbefreiung zu gewähren ist?
5. Falls die Frage zu Nr. 3 bejaht wird oder falls sich aus einer anderen Bestimmung der RL 2003/96/EG eine entsprechende Rechtsfolge ergibt: Welche Kriterien und welcher Bezugszeitraum sind der Bestimmung des jeweiligen verwendeten Anteils i.S.d. Art. 11 Abs. 3 der RL 2003/96/EG bei Wartungs- und Schulungsflügen zugrunde zu legen?
Normenkette
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 MinöStG 1993, Art. 14 Abs. 1 Buchst. b, Art. 15 Abs. 1 Buchst. j, Art. 11 Abs. 3 RL 2003/96/EG, § 50 Abs. 1 MinöStV
Sachverhalt
Ein Unternehmen ist Eigentümer eines Flugzeugs, das von seinem Geschäftsführer sowohl für private Zwecke als auch für Flüge zu anderen Firmen und zu Messen sowie für Wartungs- und Schulungsflüge eingesetzt wird. Für eine durch entsprechende laufende Aufzeichnungen belegte Menge von Flugbenzin, das 2004 in Deutschland für Flüge verbraucht worden ist, welche Zwecken des Unternehmens dienten, wurde die Vergütung der MinöSt beantragt. Das HZA hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, das Unternehmen sei kein Luftfahrtunternehmen; nur solchen stehe jedoch steuerbegünstigtes Flugbenzin zu.
Entscheidung
Der BFH hat dem EuGH eine Reihe seiner Meinung nach zweifelhafter Fragen zum Verständnis der Energiesteuer-RL vorgelegt (siehe Leitsätze).
Hinweis
Fällt die Verwendung eines Flugzeugs zu betrieblichen Zwecken, insbesondere im sog. Werksverkehr, unter Art. 14 Abs. 1 Buchst. d S. 1 EnergieStR und wird sie mithin von der dort vorgesehenen MinöSt-Befreiung erfasst?
Das ist die einhellige Auffassung der deutschen Instanzgerichte. Die deutsche Finanzverwaltung hingegen versteht die Befreiungsvorschrift anders und wendet sie nur auf den Flugverkehr an, der von Luftverkehrsunternehmen betrieben wird. Die vorgenannte Vorschrift spricht von der "Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nicht gewerblichen Luftfahrt". Diese Einschränkung "mit Ausnahme der privaten nicht gewerblichen Luftfahrt" ist doppeldeutig. Denn darunter kann man die Luftfahrt verstehen, die nicht gewerblich, d.h. mit der Absicht betrieben wird, durch die Luftfahrt dauerhaft Gewinn zu erzielen, also im Wesentlichen die von Luftverkehrsunternehmen betriebene Luftfahrt, während man unter einer "privaten" Luftfahrt eine Luftfahrt verstehen wird, die nicht entgeltlich für Dritte betrieben wird, sondern für eigene Zwecke des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten des Flugzeugs. Denn der Gegenbegriff zu privat ist gemeinhin öffentlich (d.h. jedermann zugänglich), nicht etwa geschäftlich, gewerblich oder kommerziell. Dementsprechend stellt der 2. Unterabs. vorgenannter Vorschrift für die Abgrenzung zwischen den dort angesprochenen "kommerziellen Zwecken" und anderen, nicht steuerbegünstigten Zwecken entscheidend darauf ab, ob mit dem Flugzeug eine "entgeltliche" Leistung erbracht wird. Könnte man bei einem Geschäftsmann, der mit seiner Jacht gelegentlich zu einem geschäftlichen Termin fährt, von gewerblicher Schifffahrt sprechen? Oder bei einem Bauunternehmen, das seine Arbeiter zu entfernt gelegenen Baustellen mit einem firmeneigenen Kleinbus bringen lässt, von gewerblichem Personenverkehr?
Freilich ist einzuräumen, dass man dem Wortsinn nach unter gewerblichem Luftverkehr auch das verstehen kann, was einem gewerblichen Zweck dient bzw. jedenfalls nicht Interessen, die nicht wirtschaftlicher Art sind, wie die Sportfliegerei, aber auch die Nutzung eines Flugzeugs für private Reisen.
Die Entstehungsgeschichte der betreffenden Regelung der EnergieStRL spri...