Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Auslegung der 6. EG-RL vorgelegt:

1. Ist Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Veranstaltung eines Glücksspiels mit Geldeinsatz nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen darf, wenn die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist?

2. Verbietet Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL einem Mitgliedstaat, den Betrieb eines Geldspielautomaten bereits dann der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, wenn der Betrieb eines Geldspielautomaten durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist, oder muss zusätzlich feststehen, dass die außerhalb der Spielbanken betriebenen Glücksspielautomaten in wesentlichen Punkten, wie z.B. beim Höchsteinsatz und beim Höchstgewinn, mit den Geldspielautomaten in den Spielbanken vergleichbar sind?

3. Kann sich der Automatenaufsteller auf die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL berufen?

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG , § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG , Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL , Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Unternehmer stellte Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräte in Gaststätten und in ihm gehörenden Spielhallen zur entgeltlichen Nutzung bereit. Er behandelte die Einnahmen aus dem Betrieb der Geldspielgeräte als steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UStG).

Das FA meinte, sie seien steuerpflichtig, weil sie weder der Rennwett- oder Lotteriesteuer unterlägen noch von einer zugelassenen öffentlichen Spielbank ausgeführt wurden.

Das FG bestätigte den Unternehmer unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 11.6.1998, Rs. C-283/95, Karlheinz Fischer, Slg. 1998, I-3369. Der EuGH hatte in anderem Zusammenhang ausgeführt, der Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der Erhebung der Mehrwertsteuer erlaube eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften nicht; es sei auch nicht gerechtfertigt, die Besteuerung der Umsätze mit manipulierten (verbotenen) Geräten zu untersagen, auf die Umsätze aus nichtmanipulierten Geräten hingegen Umsatzsteuer zu erheben. Dagegen ging das FA in Revision.

 

Entscheidung

Der BFH setzte das Verfahren zur Klärung der im Leitsatz dargelegten Fragen durch den EuGH aus. Halten Sie Fälle offen, bei denen es um die Umsatzsteuerpflicht von Geldspielgeräten geht.

 

Hinweis

Geldspielumsätze sind nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerfrei, wenn sie nicht unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen und der Unternehmer keine öffentliche Spielbank betreibt. Der Grund für die Steuerbefreiung ist die Vermeidung einer Doppelbesteuerung.

Nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL sind Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen steuerfrei, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden. Der EuGH versteht die Vorschrift so: Ein Mitgliedstaat darf die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen, wenn die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei ist.

Im deutschen Recht beruht die Unterscheidung auf der Gewerbeordnung und darauf, dass unterschiedliche Anforderungen für Spielgeräte bestehen, je nachdem, wo sie aufgestellt sind. Typischerweise wird darüber hinaus in den Spielbanken regelmäßig ein höherer Prozentsatz der Spieleinsätze wieder als Gewinn ausgeschüttet. Es können aber auch vergleichbare Geräte in Spielbanken aufgestellt sein.

Da das deutsche Umsatzsteuergesetz und die 6. EG-RL nicht zwischen erlaubten und unerlaubten Spielen unterscheiden, ist zweifelhaft, ob diese Unterscheidung wirklich gemeinschaftsrechtlich relevant sein kann.

Sollte der EuGH an diesem Kriterium festhalten, ist zweifelhaft, wie weit dieses Verbot geht; denn bei der Vielfalt der Geldspielgeräte und der Modalitäten ihres Einsatzes ist die Frage der Vergleichbarkeit kaum praktikabel.

Wie schon oft betont: Ein Steuerpflichtiger kann sich unmittelbar auf die Richtlinie berufen, wenn

  • diese vorteilhafter als die nationale Bestimmung ist
  • und die Richtlinienbestimmung hinreichend klar und genau und nicht an Bedingungen geknüpft ist.

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet es zwar, gleiche Sachverhalte ungleich zu behandeln. Seine Anwendung richtet sich aber nach dem gegenwärtigen Harmonisierungsstand des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems; dieser überlässt den Mitgliedstaaten z.B. bei der Umsetzung von Steuerbefreiungen noch Gestaltungsspielräume. Zweifel bestehen deshalb auch, ob die Befreiungsvorschrift für Geldspielumsätze hinreichend genau ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 6.11.2002, V R 7/02

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