Vorsorgeaufwendungen aus privatrechtlichen Versicherungsverträgen kann – vorbehaltlich gesetzlicher Sonderregelungen – nur derjenige Steuerpflichtige als Sonderausgaben abziehen, der sie als Versicherungsnehmer selbst zivilrechtlich schuldet und auch tatsächlich zahlt. Vorsorgeaufwendungen können darüber hinaus nur berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige mit der Zahlung tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Vorauszahlungen auf einen später aufgehobenen oder nicht zustande kommenden Versicherungsvertrag sind nicht begünstigt. Werden Versicherungsbeiträge in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet (z. B. Krankenkassenbeiträge), sind diese zunächst mit gleichartigen Versicherungsbeiträgen des Erstattungsjahres zu verrechnen. Besonderheiten gelten bei Beitragserstattungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die nach § 3 Nr. 3 EStG steuerfrei sind. Diese sind nicht als "negative Sonderausgaben" anzusetzen. Bei Versicherungsbeiträgen orientiert sich die Gleichartigkeit danach, welche Funktion die Versicherung für den Steuerpflichtigen hat und welches Risiko sie absichert. Ergeben sich darüber hinausgehende Erstattungsüberhänge, sind Versicherungsbeiträge i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3a EStG mit anderen Beiträgen der jeweiligen Nummer zu verrechnen. Wenn nach dieser Verrechnung ein Erstattungsüberhang bei den Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG verbleibt, ist dieser dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Dies gilt auch für solche Auwendungen die aus der Erstattung von Sonderausgaben stammen, die vor Inkrafttreten des § 10 Abs. 4b EStG zum 1.1.2012 geleistet wurden. Deren Hinzurechnung zum Gesamtbetrag der Einkünfte als Erstattungsüberhang verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
Die Hinzurechnung eines aus der Verrechnung eines Erstattungsüberhangs verbleibenden Betrags nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Erstattung von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EStG zugleich entsprechende Aufwendungen getätigt haben muss. Der Zahlbetrag im Erstattungsjahr kann daher auch Null sein und trotzdem kann sich ein Erstattungsüberhang ergeben. Dieser "Überhang" ist im Erstattungsjahr als eine Art negative Sonderausgabe dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Dies gilt in Bezug auf Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auch, wenn die Erstattung darauf beruht, dass ein Sozialversicherungsverhältnis rückwirkend umgestellt oder rückabgewickelt wird. Auf welcher Rechtsgrundlage die Erstattung erfolgt, ist daher unerheblich. Die Hinzurechnung von Erstattungsüberhängen erfolgt erst nach der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte. Wird somit ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte durch einen Verlust ausgeglichen, dann kann – trotz eines noch nicht ausgeglichenen Verlustes – die Hinzurechnung zu einer positven Einkommensteuerfestsetzung führen.
Bei Erstattungsüberhängen anderer Versicherungsbeiträge kann eine Rückbeziehung ins Zahlungsjahr erfolgen. Steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse zur privaten Krankenversicherung mindern den Sonderausgabenabzug, auch wenn im Zuflussjahr keine derartigen Beiträge geleistet werden.
Voraussetzung für eine "Beitragsverrechnung" ist allerdings, dass die betreffende Zahlung des Versicherungsunternehmens nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auch als Beitragserstattung und nicht als eine hiervon losgelöste Leistung zu werten ist. Hierbei ist weder die von dem Versicherungsunternehmen gewählte Bezeichnung seiner Zahlung noch deren sozialrechtliche Qualifikation erheblich. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Beurteilung von Bonuszahlungen aus einer Krankenversicherung zu berücksichtigen.
Erstattungsüberhang
Ein Steuerpflichtiger zahlt im Jahr 2023 Beiträge zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung (keine Basisabsicherung). Weil er keine Leistungen in Anspruch genommen hat, erhält er im Jahr 2024 eine Beitragsrückerstattung i. H. v. 200 EUR. Die Zusatzkrankenversicherung besteht im Jahr 2024 jedoch nicht mehr. Allerdings zahlt der Steuerpflichtige noch Beiträge zu einer Unfallversicherung i. H. v. 150 EUR und zu einer Privathaftpflichtversicherung i. H. v. 100 EUR.
Weil der Steuerpflichtige im Jahr 2024 keine Beiträge zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung gezahlt hat, entsteht durch die Beitragsrückerstattung ein Erstattungsüberhang bei den Zusatzkrankenversicherungsbeiträgen. Dieser ist mit den zu berücksichtigenden Aufwendungen für die Unfallversicherung und die Privathaftpflichtversicherung zu verrechnen, weil diese ebenfalls zu den Beiträgen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a EStG gehören. Nach der Verrechnung sind daher nur noch Beiträge i. H. v. 50 EUR als Vorsorgeaufwendungen anzusetzen.
Zum Abzug von Vorsorgeaufwendungen ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nur berechtigt, wenn er die Aufwendungen selbst geleiste...