Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG für Bezüge aus öffentlichen Kassen gilt nicht für Aufwandentschädigungen, die ein Rechtsanwalt für seine Vorstandstätigkeit im Versorgungswerk für Rechtsanwälte erhält. Denn der Anwalt leistet dort keine öffentlichen Dienste, urteilt das Schleswig-Holsteinische FG.
Sachverhalt
Ein Rechtsanwalt und Notar war als ehrenamtliches Vorstandsmitglied im Verwaltungsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerks für Rechtsanwälte tätig. Das Finanzamt behandelte seine dafür erhaltene Aufwandsentschädigung als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Der Rechtsanwalt war der Auffassung, dass die Zahlungen nach § 3 Nr. 12 EStG steuerbefreit sein müssten, da das Versorgungswerk der gesetzlichen Sozialversicherung gleichzusetzen sei und zum Bereich der Hoheitsverwaltung gehöre.
Entscheidung
Das FG urteilt, dass die erhaltenen Aufwandsentschädigungen zu Recht besteuert wurden. Denn die hier allein in Betracht kommende Steuerbefreiung des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG setzt u. a. voraus, dass die Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen gezahlt wird und an eine Person fließt, die öffentliche Dienste leistet. Im Urteilsfall stammten die Zahlungen zwar aus einer öffentlichen Kasse, der Rechtsanwalt hat mit seiner Vorstandsarbeit aber keine öffentlichen Dienste geleistet. Denn das Schleswig-Holsteinische Versorgungswerk ist ein Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts; eine Tätigkeit für einen solchen Betrieb kann nach der BFH-Rechtsprechung kein öffentlicher Dienst i. S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sein. Besonders intensiv widmet sich das FG der Frage, ob das Versorgungswerk womöglich der Ausübung öffentlicher Gewalt dient (= Hoheitsbetrieb) und deshalb kein Betrieb gewerblicher Art ist. Dieser "Weg in die Steuerfreiheit" scheitert aber daran, dass die Ausübung einer öffentlichen Gewalt eine Tätigkeit erfordert, die einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten ist. Dieser hohen Anforderung an die Ausübung öffentlicher Gewalt wird eine berufsständische Versorgungseinrichtung nach der BFH-Rechtsprechung aber nicht gerecht (vgl. BFH, Urteil v. 4.2.1976, I R 200/73). Die BFH-Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass sich berufsständische Versorgungseinrichtungen stark von der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheiden, insbesondere weil ihr Mitgliederkreis auf eine Berufsgruppe beschränkt ist und die Rentenfinanzierung nicht über das Umlageverfahren geregelt ist. Das FG hält trotz der zwischenzeitlichen Entwicklung im Bereich der Versorgungswerke an dieser (aus den 1980er Jahren stammenden) Rechtsprechung fest, da es auch heute noch erhebliche Unterschiede zur gesetzlichen Rentenversicherung erkennt.
Hinweis
Die Revision ist beim BFH unter dem Az. VIII R 34/11 anhängig.
Das FG lehnt es ferner ab, für die gezahlten Bezüge den Übungsleiterfreibetrag des § 3 Nr. 26 EStG zu gewähren, da die Vorstandstätigkeit nicht mit der Arbeit eines Übungsleiters, Ausbilders, Erziehers oder Betreuers vergleichbar ist. Insbesondere liegt keine pädagogische Ausrichtung vor, urteilt das FG.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 03.03.2011, 3 K 180/09