Nach Art. 15 Abs. 1 RL 2008/9/EG sind Erstattungsanträge von EU-Unternehmern in anderen Mitgliedstaaten bis zum 30.9. des Folgejahrs zu stellen. Die Frist für Antragstellungen von EU-Unternehmern (binnen 9 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist) ist eine Ausschlussfrist, bei deren Versäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
Die Vorsteuervergütung nach der RL 2008/9/EG kann nach der EuGH-Rechtsprechung nicht mit der Begründung versagt werden, dass eine im nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfrist ab Lieferung der Ware abgelaufen ist. Streitig war ein Antrag auf Vorsteuer-Vergütung, der wegen Ablaufs einer im slowakischen Recht vorgesehenen 5-jährigen Ausschlussfrist ab dem Zeitpunkt des Umsatzes (hier Lieferung von Waren an den vergütungsberechtigten Unternehmer) abgelehnt wurde. Die Ablehnung der Vorsteuer-Vergütung ist unzulässig, wenn es dem Unternehmer objektiv unmöglich war, sein Recht auf Vorsteuervergütung vor der Berichtigung von Rechnungen (in denen die MwSt erstmals ausgewiesen wird) auszuüben, wenn er vorher weder im Besitz der Rechnungen war, noch von der MwSt-Schuld wusste. Erst nach der Berichtigung liegen die materiellen und formellen Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug vor. Wenn weder ein Sorgfaltsmangel des Unternehmers noch ein Missbrauch oder kollusives Zusammenwirken mit den Lieferanten vorliegt, kann eine nationale Ausschlussfrist, die ab dem Zeitpunkt der Lieferung der Gegenstände zu laufen begonnen hat und für bestimmte Zeiträume vor der Rechnungsberichtigung abgelaufen ist, nicht wirksam gegen das Recht auf Vorsteuer-Vergütung eingewandt werden.
Die RL 79/1072 (und damit wohl auch die RL 2008/9/EG) verbietet es nicht, einen Antrag auf Erstattung der MwSt abzulehnen, wenn der Steuerpflichtige der zuständigen Steuerverwaltung selbst auf deren Aufforderung hin nicht innerhalb der gesetzten Frist alle in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Dokumente vorgelegt und Auskünfte erteilt hat, ungeachtet dessen, dass er diese Dokumente und Auskünfte im Überprüfungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren über die Klage gegen die einen solchen Erstattungsanspruch versagende Entscheidung von sich aus vorgelegt bzw. erteilt hat, sofern die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität gewahrt werden. Weiter stellt es keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn ein Steuerpflichtiger, der die Vorsteuervergütung beantragt, die von der Steuerverwaltung angeforderten Unterlagen im Verwaltungsverfahren nicht vorlegt, sie dann aber in den Folgeverfahren von sich aus vorlegt.
Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und Art. 15 Abs. 1 der RL 2008/9 sind dahingehend auszulegen, dass dann, wenn ein Vergütungsantrag keine fortlaufende Rechnungsnummer, sondern eine andere Nummer enthält, anhand derer die Rechnung und so der betreffende Eingangsumsatz identifiziert werden können, die Steuerverwaltung des Erstattungsmitgliedstaates diesen Antrag als i. S. von Art. 15 Abs. 1 der RL 2008/9 „vorgelegt“ betrachten und ihn prüfen muss. Im Rahmen dieser Prüfung kann sie – außer in dem Fall, in dem sie bereits über das Original oder eine Durchschrift der Rechnung verfügt – den Antragsteller auffordern, eine fortlaufende Nummer, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird, mitzuteilen, und ist berechtigt, wenn er diesem Ersuchen nicht innerhalb der in Art. 20 Abs. 2 der RL 2008/9 vorgesehenen Frist von einem Monat nachkommt, den Vergütungsantrag abzuweisen.