Leitsatz
Der Vorsteuerabzug aus dem nur gelegentlichen Erwerb eines PKW steht einem Unternehmer mit andersartiger Haupttätigkeit nur dann zu, wenn damit eine wirtschaftliche Tätigkeit begründet oder die wirtschaftliche Haupttätigkeit des Unternehmers unmittelbar, dauernd und notwendig erweitert wird.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG, Art. 168 Buchst. a, Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die Klägerin ist die geschäftsführende Komplementär-GmbH der A-KG. Die Klägerin erhielt als Komplementär-GmbH eine Haftungsvergütung von 2.500 EUR im Jahr und verzichtete auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin sowie alleiniger Kommanditist der A-KG ist GF. Das zunächst als einzelkaufmännisch betriebene Unternehmen des GF übernahm die A-KG im Streitjahr im Wege der Ausgliederung.
Im Streitjahr erwarb die Klägerin von der B-KG ein Fahrzeug zu einem Kaufpreis i.H.v. 319.327,73 EUR zzgl. 60.672,27 EUR USt und von der C-GmbH ein Fahrzeug zu einem Kaufpreis i.H.v. 125.966,38 EUR zzgl. 23.933,62 EUR USt. In der Bilanz der Klägerin wurden die Fahrzeuge im Umlaufvermögen als sonstige Vermögensgegenstände aktiviert und eine Verbindlichkeit gegenüber GF passiviert, der die Fahrzeuge vom Konto seines Einzelunternehmens vor Ausgliederung bezahlte. Während einer USt-Sonderprüfung stellte die Prüferin noch im Streitjahr fest, dass beide Fahrzeuge verschlossen, abgedeckt und nicht zugelassen in einer Halle abgestellt waren. Die Klägerin machte den Vorsteuerabzug geltend, den das FA versagte. Der hiergegen gerichteten Klage gab das FG statt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.7.2021, 1 K 1268/18, Haufe-Index 15062439, EFG 2022, 438).
Entscheidung
Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Klage ab. Ein Recht auf Vorsteuerabzug aus einem nur gelegentlichen Erwerb eines Pkw stehe einem Unternehmer mit andersartiger Haupttätigkeit nur dann zu, wenn damit eine wirtschaftliche Tätigkeit begründet oder die wirtschaftliche Haupttätigkeit des Unternehmers unmittelbar, dauernd und notwendig erweitert wird. Daran fehle es.
Hinweis
1. Für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG und Art. 168 MwStSystRL muss der Unternehmer seine Eingangsleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwenden. Dies erfordert, dass er diese Umsätze im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ausführt. Hierzu gehören alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe.
Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen. So ist es, wenn eine Person für Verkäufe aktive Schritte zum Vertrieb unternimmt, indem sie sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender. Auf die Zahl und den Umfang der Umsätze kommt es dabei nicht an.
Demgegenüber fehlt es beim bloßen Erwerb und beim bloßen Verkauf eines Gegenstands an der Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen, da das einzige Entgelt in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf des Gegenstands besteht. Kann ein Gegenstand seiner Art nach sowohl zu wirtschaftlichen als auch zu privaten Zwecken verwendet werden, sind alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird.
2. Danach genügt eine bloße Verkaufsabsicht beim Erwerb nicht, um eine wirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen. Denn allein der mögliche Verkauf eines Gegenstands ist nicht ausreichend, um eine insoweit eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen. Der bloße Erwerb eines Gegenstands in der Hoffnung, Gewinne infolge eines durch Zeitablauf gesteigerten Werts des Gegenstands zu erzielen, ist daher nicht ausreichend.
3. Ist eine Tätigkeit bei eigenständiger Betrachtung nicht als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, kann sich ihr Unternehmenscharakter aber daraus ergeben, dass es sich um die Erweiterung einer unternehmerischen Haupttätigkeit handelt.
Besteht aber die unternehmerische Haupttätigkeit in der Erbringung von Geschäftsführungsleistungen, ist der Erwerb und die Veräußerung von Fahrzeugen, die damit in keinem Zusammenhang steht, keine derartige Erweiterung.
Im Übrigen muss es sich auch bei einer gelegentlich ausgeübten Tätigkeit um eine wirtschaftliche Tätigkeit im vorstehenden Sinne handeln.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 8.9.2022 – V R 26/21