Leitsatz
1. Ob der Leistungsempfänger ein Grundstück i.S. d. § 9 Abs. 2 UStG 1993 ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, richtet sich nach der zutreffenden umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung und nicht nach einer davon abweichenden Steuerfestsetzung gegenüber dem Leistungsempfänger.
2. Die Überlassung von Sportanlagen eines Betreibers an Nutzer dieser Sportanlagen fällt regelmäßig nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1993, sondern stellt eine einheitliche steuerpflichtige Leistung dar.
3. Das den Betreibern von Sportanlagen in § 27 Abs. 6 UStG 1999 eingeräumte Wahlrecht ist eine Billigkeitsregelung, die sich nicht auf § 9 Abs. 2 UStG 1993 und die Frage auswirkt, ob der Leistungsempfänger das Grundstück für steuerfreie oder steuerpflichtige Umsätze verwendet.
4. Die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes lassen es nicht zu, dass dem Steuerpflichtigen das erlangte Recht auf den Abzug von Vorsteuerbeträgen durch eine Gesetzesänderung rückwirkend genommen wird.
Normenkette
§ 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 2 UStG 1993, § 27 Abs. 6 UStG 1999, Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Insolvenzschuldner (Steuerpflichtige) errichtete in den Jahren 1993 und 1994 (Streitjahre) eine Sporthalle mit Tennis-, Badminton- und Squashplätzen, Sauna, Solarien, Restaurant, die er an eine GmbH verpachtete.
In berichtigten Umsatzsteuererklärungen behandelte er die Umsätze in voller Höhe als steuerpflichtig und zog die Vorsteuern aus der Errichtung der Sporthalle ab.
Das FA war der Ansicht, die Umsätze seien in einen steuerfreien Teil für die Überlassung des Grundstücks und einen steuerpflichtigen Teil für die Überlassung der Betriebsvorrichtungen aufzuteilen.
Auf Antrag des Steuerpflichtigen ruhte das Einspruchsverfahren gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide vom 02.07.1997 im Hinblick auf anhängige Gerichtsverfahren.
Das FA wies den Einspruch mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 mit der Begründung als unbegründet zurück, dass die GmbH von der seit dem Jahr 2002 geltenden Übergangsregelung des § 27 Abs. 6 UStG Gebrauch gemacht und nur ihre Umsätze aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen als steuerpflichtig behandelt habe.
Das FG wies die Klage als unbegründet ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.07.2006, 16 K 134/03, Haufe-Index 2079132).
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der BFH gab der Klage statt. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen für Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.
Gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei.
Der Vermieter oder Verpächter kann auf diese Steuerfreiheit verzichten (§ 9 Abs. 1 UStG). Voraussetzung dafür ist, dass der Mieter oder Pächter das Grundstück für steuerpflichtige Umsätze verwendet (§ 9 Abs. 2 UStG). Eine Verwendung des Grundstücks für steuerpflichtige Umsätze liegt bei dem Betrieb einer Sporthalle vor.
Der BFH hat mit Urteil vom 31.05.2001, V R 97/98, BFH/NV 2001, 1358 aufgrund der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 18.01.2001, Rs. C-150/99, Stockholm Lindöpark, BFH/NV Beilage 2001, 44, Slg. 2001, I-493 und unter Änderung seiner früheren Rechtsprechung entschieden, die Überlassung einer Sportanlage durch ihren Betreiber an die einzelnen Nutzer sei eine einheitliche Leistung, die nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG falle, sondern steuerpflichtig sei.
Da die Änderung der Rechtsprechung mit Wirkung für die Vergangenheit gilt, lagen die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UStG für einen wirksamen Verzicht auf die Steuerfreiheit bei dem Verpächter einer Sporthalle an ihren Betreiber auch für zurückliegende Jahre vor.
Damit war auch der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten einer Sporthalle nicht ausgeschlossen.
2. Ein Problem ist dadurch aufgetreten, dass der Gesetzgeber in Reaktion auf die geänderte Rechtsprechung des BFH den Betreibern von Alt-Sportanlagen durch ein Gesetz vom 01.09.2002 durch Einfügung des § 27 Abs. 6 UStG ein Wahlrecht eingeräumt hat. Danach können die Umsätze aus einer Nutzungsüberlassung von Sportanlagen bis zum 31.12.2003 in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und die steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufgeteilt werden.
Im Besprechungsfall hatte die Betreiberin der Sporthalle (Pächterin) von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht und ihre Umsätze als teilweise steuerfrei behandelt.
Bei dem Wahlrecht des § 27 Abs. 6 UStG handelt es sich bei zutreffendem Verständnis um eine Billigkeitsregelung. Der Zweck der Regelung beschränkt sich darauf, dass Steuerpflichtige sich dann weiterhin auf die frühere Rechtsauffassung berufen können, wenn dies vorteilhaft für sie ist.
Eine solche Billigkeitsregelung kann aber nicht bewirken, dass die sich aus dem Gesetz und der höchstrichterlichen Rechtsprechun...