Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Wird ein ‚Strohmann’ in eine Leistungsbeziehung zwischengeschaltet, steht allein die Weisungsgebundenheit des ‚Strohmanns’ gegenüber dem ‚Hintermann’ der Unternehmereigenschaft des ‚Strohmanns’ und der Leistungserbringung durch ihn nicht entgegen. Für die Leistungsbezeichnung in einer Rechnung genügt es, statt der Leistungshandlung den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg zu beschreiben. Die Angabe bestimmter Arbeiten reicht daher, sofern kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht kommt als entweder die Ausführung der beschriebenen Arbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften hierfür.
Sachverhalt
Die Antragstellerin schloss mit diversen Subunternehmern Rahmenwerkverträge, worin sich die Subunternehmer zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Erbringung von Werkleistungen verpflichteten.
Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus den von der Antragstellerin an die Subunternehmer erteilten Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis. Es handele sich um Abdeckgutschriften für Schwarzarbeit und die Rahmenverträge seien nur zum Schein abgeschlossen worden; tatsächlich seien die verantwortlichen Personen der Subunternehmer und deren angebliche Arbeitnehmer von der Antragstellerin abhängig gewesen. Auch habe die Antragstellerin die Weisungsbefugnis gegenüber den Arbeitern ausgeübt und entschieden, wie und wo welche Arbeiter eingesetzt würden. Es handele sich daher um nicht selbstständig unternehmerisch tätig gewordene Scheinunternehmen. Die mit den Subunternehmern vereinbarten Leistungen habe die Antragstellerin selbst erbracht.
Entscheidung
Das FG hat den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung als zulässig erachtet. Nach Ansicht des FG bestehen mehr Gründe für als gegen die Berücksichtigung des Vorsteuerabzugs; bei summarischer Prüfung sei davon auszugehen, dass die Subunternehmer der Antragstellerin Unternehmer gewesen seien. Insoweit führt das FG an, dass die Subunternehmer tatsächlich steuerlich geführt und im Handelsregister eingetragen waren, über eigene Büroräume verfügten und dass die Anstellungsverträge mit den für die Antragstellerin tätigen Arbeitnehmern durch die Geschäftsführer der Subunternehmer geschlossen hatten.
Dass die Subunternehmer im Einzelfall auf Weisung der Antragstellerin als "Hintermann" gehandelt haben, steht nach Auffassung des FG umsatzsteuerlich der Unternehmereigenschaft der Subunternehmer nicht entgegen. Dementsprechend sind dem ‚Strohmann’ auch solche Leistungen zuzurechnen, die der ‚Hintermann’ berechtigterweise im Namen des Strohmannes tatsächlich ausgeführt hat.
Zwar ist zweifelhaft, ob die Subunternehmer die in den Rahmen- und Einzelverträgen vereinbarten (Werk-) Leistungen erbracht haben. Hierauf komme es aber im Ergebnis nicht an, da die Subunternehmer nach Aktenlage jedenfalls eine entgeltliche Arbeitnehmerüberlassung erbracht hätten. Da das Umsatzsteuerrecht an tatsächliche Leistungsvorgänge anknüpft, schließe das Fehlen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung das Vorliegen entsprechender Umsätze nicht aus.
Dass in der Gutschrift statt der tatsächlich erbrachten Arbeitnehmerüberlassung als Leistungsgegenstand Werkleistungen genannt wurde, ist für den Vorsteuerabzug nicht schädlich. Ein Rechnungsaussteller kann grundsätzlich, statt die Leistungshandlung zu beschreiben, mit Angaben tatsächlicher Art den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg der Leistungshandlung bezeichnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die (überlassenen) Arbeitnehmer für die Herstellung bestimmter Gewerke überlassen werden und diese Gewerke auch erstellt haben.
Hinweis
Vorliegend hat das FG zugunsten der Antragstellerin berücksichtigt, dass die Subunternehmer die in den Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt und auch Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für ihre Arbeitnehmer abgeführt hatten. Somit war ein "umsatzsteuerlicher Schaden" für den Fiskus nicht entstanden.
Andernfalls hätte das FG prüfen müssen, ob die Antragstellerin weiß oder hätte wissen müssen, dass die Subunternehmer als "Strohmänner" die Umsatzsteuer nicht abführten. Insoweit ist beim BFH derzeit ein Revisionsverfahren unter dem Az. V R 17/14 anhängig (Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil v. 15.2.2013, 1 K 720/12 U).
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Beschluss vom 29.01.2014, 3 V 259/13