Zusammenfassung

Nach den statistischen Aufzeichnungen der Obersten Finanzbehörden der Länder haben die im Jahr 2020 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen zu einem Mehrergebnis von rd. 1,37 Mrd. EUR geführt.[1] Darin sind die Ergebnisse aus der Teilnahme von Umsatzsteuer-Sonderprüfern an allgemeinen Betriebsprüfungen oder an den Prüfungen der Steuerfahndung noch nicht enthalten. Ein guter Teil dieses Mehrergebnisses entfällt auf Rückforderungen von Vorsteuerbeträgen. Der Vorsteuerabzug entwickelt sich schon seit Jahren mehr und mehr zum eigentlichen Risiko der Umsatzsteuer. Der nachfolgende Beitrag umfasst 10 nach Meinung des Verfassers wichtige Vorsteuerrisiken, kann jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Je nach Branche des Unternehmens ergeben sich zahlreiche weitere Vorsteuerrisiken, auf die der steuerliche Berater hinweisen muss. Auch wenn in der Vergangenheit Steuerprüfungen ohne Beanstandungen geblieben sind, sollte stets ein besonderes Augenmerk auf die Vor­steuerproblematik gerichtet werden.

1 Problematik

Der Vorsteuerabzug steht meist im Mittelpunkt "umsatzsteuerlicher Prüfungen" seitens der Finanzverwaltung. Häufig wird er aufgrund formeller Mängel (strenge Rechnungsanforderungen!) versagt, zunehmend beruhen die Nachforderungen aber auch auf Fehleinschätzungen der Beteiligten. Für steuerliche Berater besteht hier ein erhebliches Haftungsrisiko, zumal sie selbst die "kritischen Belege" oft gar nicht zu Gesicht bekommen. Umso wichtiger ist es, Mitarbeiter und vor allen Dingen die Mandanten über allgemeine, aber auch besondere Vorsteuer­risiken aufzuklären und um die nötige Sorgfalt zu bitten.

2 Gestaltungsempfehlungen

2.1 Kleinbetragsrechnungen

Den allermeisten Unternehmen ist bekannt, dass eine Rechnung mit einem Gesamtbetrag von maximal 250 EUR als Kleinbetragsrechnung weniger strengen Anforderungen unterliegt. Dennoch wird in der Praxis auf die Einhaltung dieser Grenze bzw. auf eine gesonderte Rechnungsstellung bei Überschreiten des Betrags nicht immer ausreichend sorgfältig geachtet – was in Anbetracht eines hektischen Tagesgeschäfts auch verständlich erscheint.

Überschritten wird die Kleinbetragsgrenze nicht selten bei Einkäufen in Elektronikfach- oder Baumärkten. Bis zur vorletzten Anhebung der Rechnungsgrenze von 100 EUR auf 150 EUR (zum 1.1.2007) waren auch Tankquittungen von etwas mehr als 100 EUR als Rechnung "besonders gefährdet". Seit der Anhebung der Rechnungsgrenze auf 250 EUR (zum 1.1.2017) ist diese Problematik zumindest im Pkw-Bereich vorerst entschärft. Stark ansteigende Benzinpreise könnten die Grenze allerdings wieder in den Fokus rücken. Bei Lkw/Nutzfahrzeugen mit entsprechenden Tankvolumina stellt sich das Problem nach wie vor, sofern keine anderweitige (ordnungsgemäße) Abrechnung zwischen Tankstelle und Unternehmen erfolgt. Vermeiden lässt sich das Risiko z. B. durch rechtzeitiges Abbrechen des Tankvorgangs.

 
Praxis-Tipp

Kassenbons als Kleinbetragsrechnungen

Wer in Kaufhäusern etc. Gegenstände für sein Unternehmen erwirbt, macht sich erfahrungsgemäß nicht immer die Mühe, zusätzlich zum Kassenbon noch um eine ordnungsgemäße Rechnung zu bitten, zumal dies i. d. R. einen weiteren Gang zum "Servicebereich" oder Ähnliches erfordert. Wurde die 250-EUR-Grenze nur deshalb überschritten, weil mehrere Artikel ausgewählt wurden, kann ein Splitten des Bezahlvorgangs dazu führen, dass die Grenze jeweils nicht überschritten wird. Das geht schnell und genügt auch den steuerlichen Anforderungen, sofern die Kassenbons jeweils als Kleinbetragsrechnungen zu werten sind.

2.2 "Falscher" Steuerausweis

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist nur die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehbar. Ein Vorsteuerabzug ist damit nicht zulässig, soweit der die Rechnung ausstellende Unternehmer die Steuer nach § 14c UStG schuldet.[1] Der leistungsempfangende Unternehmer muss daher sowohl prüfen, ob sein Geschäftspartner (Rechnungsaussteller) generell zum Steuerausweis berechtigt ist, als auch, ob er die Umsatzsteuer richtig berechnet hat. Dies betrifft den Steuersatz und auch die Anwendung etwaiger Befreiungsvorschriften. Für die Praxis bedeutet dies: Der Leistungsempfänger darf dem Steuerausweis in der Rechnung nicht "blindlings" vertrauen, sondern muss zumindest eine Schlüssigkeitsprüfung vornehmen.

Einem besonderen Risiko unterliegen insoweit Unternehmen, die auf ständige Mithilfe von Subunternehmern bzw. nicht angestellten Personen ("freie Mitarbeiter") angewiesen sind. In diesem Bereich "tummeln" sich nicht selten Kleinunternehmer, die die Umsatzsteuer gar nicht gesondert ausweisen dürfen. Aufgrund einer (nachträglich) besseren Erkenntnis der Finanzbehörden, z. B. durch Kontrollmitteilungen, wird in solchen Fällen der Vorsteuerabzug häufig nachträglich versagt. Dem Auftraggeber bleibt in der Praxis letztlich wohl nur die Möglichkeit, sich aufgrund der Gewerbeanmeldung von der Untern...

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