Sachverhalt
Bei den beiden Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Frage, ob die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb, der aufgrund der Sonderregelung in Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL (ab 1.1.2007: Art. 41 MwStSystRL) als in dem Mitgliedstaat bewirkt gilt, der dem Steuerpflichtigen die von diesem verwendete USt-IdNr. erteilt hat, als Vorsteuer abgezogen werden kann.
Im Ausgangsfall hatten in den Niederlanden ansässige Unternehmen unter Verwendung ihrer niederländischen USt-IdNr. von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen Computer und Computerzubehör eingekauft. Die Unternehmen veräußerten die Waren an in Zypern und Spanien ansässige Unternehmer weiter. Dabei wurden die Gegenstände unmittelbar aus den Mitgliedstaaten, in denen die Lieferanten der Unternehmen ansässig waren, nach Spanien befördert. In Spanien hatten sich die niederländischen Unternehmen nicht mehrwertsteuerlich registrieren lassen. Gegenüber den niederländischen Behörden erklärten sie bezüglich der von ihren Lieferanten bezogenen Waren innergemeinschaftliche Erwerbe und zogen die darauf geschuldete Mehrwertsteuer gleichzeitig als Vorsteuer ab. Die niederländischen Behörden sahen die innergemeinschaftlichen Erwerbe aufgrund der Verwendung der niederländischen USt-IdNr. als in den Niederlanden bewirkt an, versagten aber den Vorsteuerabzug und erließen entsprechende Nachforderungsbescheide.
Das niederländische Recht lässt in diesen Fällen den sofortigen Vorsteuerabzug nicht zu, sondern sieht ein besonderes Erstattungsverfahren vor. Weist ein Unternehmer nach, dass der innergemeinschaftliche Erwerb in dem Mitgliedstaat besteuert worden ist, in dem sich der Gegenstand bei Beendigung des Versands oder der Beförderung befindet, wird ihm die in den Niederlanden geschuldete Mehrwertsteuer auf Antrag erstattet.
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen gilt grundsätzlich als dort erbracht, wo sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands oder der Beförderung an den Erwerber befinden (Art. 28b Abs. 1 der 6. EG-RL - ab 1.1.2007: Art. 40 MwStSystRL). Unabhängig davon gilt jedoch nach der Sonderregelung in Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL (ab 1.1.2007: Art. 41 MwStSystRL) als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen auch das Gebiet des Mitgliedstaats, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete USt-IdNr. erteilt hat, sofern der Erwerber nicht nachweist, dass dieser Erwerb nach Maßgabe der Regelung in Art. 28b Abs. 1 der 6. EG-RL (ab 1.1.2007: Art. 40 MwStSystRL) besteuert worden ist. Aus Sicht des Vorlagegerichts war es fraglich, ob sich diese Sonderregelung nur auf den Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs auswirkt oder ob damit auch eine Ausnahme von der Anwendung der allgemeinen Bestimmungen zur Steuerpflicht und zum Vorsteuerabzug verbunden ist. Das Vorlagegericht schloss nicht aus, dass der Abzug der Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nur in dem Mitgliedstaat vorgenommen werden kann, in dem der Erwerb nach der Grundregel des Art. 28b Abs. 1 der 6. EG-RL (ab 1.1.2007: Art. 40 MwStSystRL) steuerbar ist, d.h. dort, wo sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands oder der Beförderung befinden.
Das Gericht sah seine Zweifel in der gesetzgeberischen Absicht des Richtliniengebers begründet. Durch den Vorsteuerabzug sei der Unternehmer bereits entlastet, so dass für ihn keine Notwendigkeit mehr bestehe, den Nachweis der Besteuerung im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung zu führen. Er könne also veranlasst sein, entsprechende Angaben in den dortigen Steuererklärungen zu unterlassen. Dies sei der Verwirklichung des Ziels, das Mehrwertsteueraufkommen auf den Mitgliedstaat des Endverbrauchs zu übertragen, nicht förderlich.
Entscheidung
Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung offensichtlich den Bedenken des Vorlagegerichts angeschlossen und verneint in dem in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie geregelten Fall die Möglichkeit eines sofortigen Abzugs der auf den innergemeinschaftlichen Erwerb (hier in den Niederlanden) entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer. Damit wird dieser Vorsteuerabzug erst wirksam, wenn der Unternehmer nachweist, dass der innergemeinschaftliche Erwerb im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung an den Erwerber besteuert worden ist.
Die Entscheidung überrascht. In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der EuGH das Recht auf Vorsteuerabzug stets als integralen Bestandteil des Mehrwertsteuersystems angesehen und den Mitgliedstaaten nicht zugestanden, dieses Recht einzuschränken (vgl. u.a. EuGH, Urteil v. 10.7.2008, C-25/07 (Sosnowska). Der EuGH begründet seine jetzige Entscheidung damit, dass die materiellen Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs in Fällen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht vorliegen. Er verweist auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. d der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 168 Buchst. c MwStSystRL), wonach Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass Gegenstä...