Leitsatz
Einem Unternehmer, der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs umsatzsteuerpflichtige Leistungen bezieht, steht der Vorsteuerabzug unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG auch dann zu, wenn er im Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorhat, die im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs beabsichtigten Verwendungsumsätze gem. § 24 Abs. 4 UStG der Regelbesteuerung zu unterwerfen.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 UStG , § 24 Abs. 1, 4 UStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Dipl.-Agraring., kaufte im Streitfall einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Besitzübergabe sollte 2 Jahre später erfolgen. Im Streitjahr wurden der Klägerin für die Beurkundung des Kaufvertrags und für ein landwirtschaftliches Sachverständigengutachten Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt.
Zum Ende des Streitjahrs stellte die Klägerin den Antrag zur Regelbesteuerung gem. § 24 Abs. 4 UStG. Noch vor Besitzübergang schloss die Klägerin mit ihrem Ehemann einen Gesellschaftsvertrag, der die gemeinsame Bewirtschaftung des Betriebs zum Gegenstand hatte. Den von der Klägerin begehrten Vorsteuerabzug versagte das FA.
Entscheidung
Der BFH gewährte der Klägerin den begehrten Vorsteuerabzug, da sie bereits bei Bezug der Eingangsleistungen als Unternehmerin anzusehen war. Sie hatte bereits im Streitjahr die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck getätigt. Der Vorsteuerabzug war auch nicht durch § 24 UStG ausgeschlossen.
Entgegen dem Rechtsstandpunkt des FA stellte der BFH nicht darauf ab, ob gegen den Wortlaut des § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG die Klägerin fiktiv zur Regelbesteuerung optieren konnte. Entscheidend sei vielmehr für die Bewertung des Vorsteuerabzugs gewesen, ob die Klägerin bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorhatte, die im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs beabsichtigten Verwendungsumsätze gem. § 24 Abs. 4 UStG der Regelbesteuerung zu unterwerfen.
Hinweis
Der EuGH hat mittlerweile in gefestigter Rechtsprechung entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug bereits in dem Zeitpunkt besteht, in dem der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Liegen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs noch keine Verwendungsumsätze vor, ist auf die durch objektive Anhaltspunkte Absicht, eine steuerpflichtige unternehmerische Tätigkeit ausüben zu wollen, abzustellen.
Entgegen Abschnitt 148 Abs. 5 Satz 2 UStR 2000 hat der BFH die lang diskutierte Frage, ob für den Vorsteuerabzug alleine die Absicht ausreicht, nach einer Option steuerpflichtige Verwendungsumsätze ausführen zu wollen, im Bereich der Vermietung und Verpachtung bejaht. Auch ohne tatsächliche Ausführung des Verwendungsumsatzes kann der Vermieter/Verpächter den Vorsteuerabzug geltend machen, so er nur seine Absicht, steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführen zu wollen, durch objektive Anhaltspunkte belegen kann (BFH, Urteil vom 22.2.2001, V R 77/96, BFH-PR 2001, 227 und Urteil vom 8.3.2001, V R 24/98, BFH-PR 2001,195).
In konsequenter Fortentwicklung dieser Rechtsauffassung hat er nunmehr auch die Absicht eines Land- und Forstwirts, seine Verwendungsumsätze der Regelbesteuerung gem. § 24 Abs. 4 UStG zu unterwerfen, für den Vorsteuerabzug ausreichen lassen. Zu beachten ist jedoch, dass eine tatsächliche andere Nutzung in einem späteren Zeitpunkt zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.03.2001, V R 39/00