Leitsatz
Weicht die spätere tatsächliche Verwendung von der beabsichtigten Verwendung der vorsteuerbelasteten Eingangsumsätze ab, ist entscheidend auf die durch objektive Anhaltspunkte belegte Verwendungsabsicht des Unternehmers abzustellen.
Normenkette
§ 9 UStG , § 15 Abs. 2 UStG , Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt als GmbH ein Finanzierungs-, Immobilien- und Beratungsunternehmen. Geschäftsführer ist A, der ein ihm gehörendes Grundstück an die B-GmbH, deren Geschäftsführer er ebenfalls ist, veräußerte. Ein Jahr später veräußerte die B-GmbH eben dieses, überwiegend fremd und steuerfrei vermietete Grundstück an die Klägerin. Die in der Rechnung offen auf den gesamten Kaufpreis zuzüglich Zinsen für eine Zahlungsstundung ausgewiesene Umsatzsteuer begehrt die Klägerin als Vorsteuern, da sie beabsichtigt habe, das Grundstück steuerpflichtig weiter zu veräußern.
Das Finanzamt versagte wegen der tatsächlich steuerfreien Vermietung den Vorsteuerabzug. Die offen ausgewiesene Umsatzsteuer hat die B-GmbH nicht an das Finanzamt abgeführt. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Entscheidung
Der BFH führte die Beschwerde gegen die nicht zugelassene Revision nicht zum Erfolg. Unter Hinweis auf seine Rechtsprechung im Anschluss an die EuGH-Entscheidung "Schlossstraße" verweist der BFH darauf, dass eine von der tatsächlichen Verwendung abweichende Verwendungsabsicht bei Bezug der Eingangsleistung nur dann den Vorsteuerabzug rechtfertigen könne, wenn der Steuerpflichtige seine diesbezügliche Absicht durch objektive Anhaltspunkte belegen kann. Dies müsse umso mehr gelten, als das EuGH-Urteil einen Sachverhalt betraf, in dem ein Gebäude erst errichtet und danach steuerpflichtig vermietet werden sollte.
Im Streitfall lag aber bereits im Zeitpunkt des Erwerbs eine tatsächliche Verwendung vor, die den Vorsteuerabzug ausschloss. Objektive Anhaltspunkte für eine entgegenstehende Absicht habe die Klägerin nicht vorgetragen.
Hinweis
Durch die EuGH-Rechtsprechung und ihr folgend die neuere BFH-Rechtsprechung ist nunmehr geklärt, dass der Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu gewähren ist, und zwar endgültig. Eine Vorbehaltsfestsetzung mit endgültiger Entscheidung über den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt der tatsächlichen ersten Verwendung hat der EuGH abgelehnt.
Liegt eine Verwendung im Zeitpunkt des Leistungsbezugs noch nicht vor, so ist die Absicht des Steuerpflichtigen entscheidend. Allerdings verlangt die Rechtsprechung sowohl des EuGH als auch des BFH, dass diese Absicht objektiv belegbar ist. Hierzu bedarf es eben mehr als nur der bloßen Behauptung, einen steuerpflichtigen Ausgangsumsatz tätigen zu wollen. Gerade bei Grundstücksumsätzen muss durch Inserate, Beauftragung eines Maklers oder Schriftwechsel mit Interessenten die Absicht eines steuerpflichtigen Ausgangsumsatzes belegt werden. Insbesondere muss dies in denjenigen Fällen gelten, in denen im Zeitpunkt des Eingangsumsatzes bereits eine konkrete tatsächliche Verwendung vorliegt.
Beabsichtigt der Unternehmer eine hiervon abweichende Verwendung, so sind die Anforderungen an die objektiv belegbare Absicht noch stärker. Gerade dies war die Ausgangssituation im vorliegenden Streitfall: Die Klägerin erwarb ein steuerfrei vermietetes Grundstück und begehrte den Vorsteuerabzug alleine wegen ihrer behaupteten Absicht, das Grundstück steuerpflichtig veräußern zu wollen, ohne aber diese von der tatsächlichen Verwendung abweichende Absicht hinreichend objektiv belegen zu können.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 16.7.2001, V B 44/01 (NV)