Sachverhalt
Bei dem portugiesischen Verfahren ging es um die Auslegung der Vorsteuerabzugsregelung in Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 168 MwStSystRL). Die Klägerin ist eine portugiesische Holding mit Unternehmereigenschaft, deren Gesellschaftszweck im Halten und Verwalten von Kapitalanteilen ihrer Beteiligungsgesellschaften sowie in der Erbringung technischer Verwaltungs- und Managementdienstleistungen gegenüber den Gesellschaften besteht. Im Rahmen ihrer Tätigkeit bezog die Klägerin mit MwSt belastete Leistungen, die sie zum selben Preis einer oder mehreren ihrer Beteiligungsgesellschaften unter Ausweis von MwSt in Rechnung stellte. Die Klägerin nahm den Vorsteuerabzug hinsichtlich ihrer gegenüber ihren Beteiligungsgesellschaften erbrachten technischen Verwaltungs- und Managementdienstleistungen mittels Anwendung der Methode der tatsächlichen Zuordnung ihrer Eingangsumsätze zu ihren steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen vor.
Die portugiesische Steuerverwaltung korrigierte den Vorsteuerabzug der Klägerin, indem sie nach Art. 23 Abs. 1 des CIVA sämtliche Vorsteuerbeträge der Pro-rata-Regelung i.S.v. Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Art. 19 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 173 bis 175 MwStSystRL) unterwarf. Die Steuerverwaltung war der Auffassung, der grundlegende Zweck von Holdinggesellschaften bestehe in der Durchführung steuerbefreiter Umsätze, da diese unter Art. 9 Abs. 28 des CIVA fielen. Da neben diesen Umsätzen als Nebentätigkeit die Durchführung steuerpflichtiger Umsätze (gegenüber allen oder einigen Beteiligungsgesellschaften erbrachte technische Verwaltungs- und Managementdienstleistungen) zugelassen werden könne, übten solche Holdinggesellschaften im Grunde genommen nur eine einzige Tätigkeit aus. Die Verwaltung des ständigen Beteiligungsportfolios erfordere normalerweise ein ausgefeiltes Verwaltungs-Know-how, das den Beteiligungsgesellschaften eine effektive Unterstützung biete, wobei die Erbringung von technischen Verwaltungs- und Managementdienstleistungen mit der eigentlichen Beteiligungsverwaltung untrennbar verbunden sei. Im Fall der Klägerin sei für den Vorsteuerabzug daher nicht die Methode der tatsächlichen Zuordnung, sondern die Pro-Rata-Methode anzuwenden.
Entscheidung
Der EuGH musste einerseits entscheiden, ob - nach dem Umständen des Ausgangsverfahrens - beim Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft für die gesamte auf die inputs angefallene MwSt die Methode des Pro-Rata-Abzugs, die in Betracht kommt, wenn sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Ausgangsumsätze getätigt werden, selbst dann angewendet werden muss, wenn die inputs einen direkten, unmittelbaren und eindeutigen Zusammenhang mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen aufweisen, die im Rahmen einer rechtlich zulässigen Nebentätigkeit (Erbringung von technischen Verwaltungsdienstleistungen) erbracht werden. Dies hat der EuGH mit Bezug auf seine ständige Rechtsprechung bejaht. Danach ist der Vorsteuerabzug vollumfänglich zu gewähren, wenn die bezogenen Eingangsleistungen direkt und unmittelbar (ausschließlich) mit den zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen. Die Pro-Rata-Regelung ist nur anzuwenden, wenn die Eingangsumsätze für sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Ausgangsumsätze verwendet werden.
Die Frage, ob eine Holdinggesellschaft ihren Vorsteuerabzug auch dann mittels der Abzugsmethode der tatsächlichen Zuordnung geltend machen kann, wenn ihre Vorbezüge nur für eine Nebentätigkeit (Erbringung von technischen Verwaltungs- und Managementdienstleistungen) im Verhältnis zu ihrer Haupttätigkeit (Verwaltung von Gesellschaftsanteilen) verwendet werden, hat der EuGH ebenfalls bejaht. Der Vorsteuerabzug darf nicht allein deshalb eingeschränkt werden, weil die nationale Regelung wegen des Gesellschaftszwecks einer Holding oder deren allgemeiner Tätigkeit die besteuerten Umsätze (hier die Managementleistungen) als Ergänzung der Haupttätigkeit der Holding einstuft.
Hinweis
Der EuGH hat - aus Gründen der Neutralität - im vorliegenden Fall den Vorsteuerabzug nach der direkten Zuordnungsmethode bejaht. Dies ist eine Bestätigung seiner ständigen Rechtsprechung. Auf den Umstand, dass Managementleistungen einer Holding im Vergleich zu ihrer Haupttätigkeit (Halten von Gesellschaftsanteilen) ggf. von untergeordneter Bedeutung sind, kommt es für den Vorsteuerabzug für Vorbezüge im Zusammenhang mit den Managementleistungen nicht an. Für das deutsche Recht hat das Verfahren kaum Bedeutung, weil das deutsche Recht die Pro-Rata-Regelung nach Art. 173 bis 175 MwStSystRL nicht kennt. Im Übrigen wäre nach deutschem Recht in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens der Vorsteuerabzug zulässig. Nach deutschem Recht ist eine Holding, deren Zweck sich auf das Halten und Verwalten gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen beschränkt und die keine Leistungen gegen Entgelt erbringt (sog. Finanzholding), nicht Unternehmer i.S.d. § 2 UStG. Demgegenüber ist eine Holding, die im Sinne einer einheitlichen Leitung aktiv in das laufende Tag...