Überblick
Nach aktueller BFH-Rechtsprechung muss für Zwecke der Vorsteueraufteilung bei steuerfrei und steuerpflichtig genutzten Objekten zwischen Erhaltungsaufwendungen und Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten unterschieden werden. Reine Erhaltungsaufwendungen sind für den Vorsteuerabzug direkt dem jeweiligen Gebäudeteil zuzuordnen, während Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab für das gesamte Gebäude zu ermitteln sind. Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung jedoch nicht an.
Kommentar
Der BFH hat mit Urteil v. 28.9.2006, V R 43/03, klargestellt, dass bei der Vorsteueraufteilung zwischen Gegenstand und Dienstleistung zu unterscheiden ist. Das bedeutet, dass in einem 1. Schritt zu ermitteln ist, ob es sich bei den den Vorsteuerbeträgen zu Grunde liegenden Aufwendungen um Erhaltungsaufwendungen oder Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten handelt. Eine nach § 15 Abs. 4 UStG erforderliche Vorsteueraufteilung wegen gemischter Nutzung des Objekts hat bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach einem sachgerechten Vorsteueraufteilungsschlüssel (für das gesamte Objekt) zu erfolgen. Laut BFH kommt ein Umsatz- oder Flächenschlüssel in Betracht. Bei Aufwendungen zur Erhaltung und zum Gebrauch eines Gegenstands seien die Besonderheiten der jeweiligen Verwendung zu berücksichtigen. Der BFH spricht sich bei Erhaltungsaufwendungen für eine unmittelbare Zuordnung der Vorsteuerbeträge (zum jeweiligen Gebäudeteil) aus. Diese unmittelbare Zuordnung hat der BFH bejaht, obwohl es sich um eine umfassende Sanierung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Baufestpreis gehandelt hat. Das bedeutet, dass ggf. ein vereinbarter Gesamtpreis nur für die Vorsteueraufteilung in verschiedene Leistungsbestandteile zerpflückt werden müsste.
Auch die Finanzverwaltung hat offenbar erhebliche Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität dieser BFH-Rechtsprechung und wendet die Urteilsgrundsätze deshalb nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus an.
Soweit ein Unternehmer ein Gebäude anschafft oder herstellt, das sowohl zu vorsteuerunschädlichen, als auch zu vorsteuerschädlichen Umsätzen verwendet werden soll, sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge weiterhin nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens v. 24.11.2004 zu ermitteln. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass ab dem 1.1.2004 wegen des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel nur noch zulässig ist, wenn keine andere Methode der wirtschaftlichen Zuordnung möglich ist. Weil bei Gebäuden i. d. R. die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Nutzflächen sachgerecht aufgeteilt werden können, stellt der Nutzflächenschlüssel den einzigen Regelaufteilungsmaßstab dar (vgl. Abschn. 208 Abs. 2 Satz 8 UStR). Weicht jedoch die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume erheblich voneinander ab, ist es erforderlich, den Bauaufwand den einzelnen Verwendungsumsätzen zuzuordnen. Entsprechendes gilt z. B. bei Abweichungen in der Geschosshöhe.
Beim Erwerb von Gebäuden kommt auch nach Ansicht der Verwaltung eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte zur Verkehrswertermittlung in Betracht, weil es sich hierbei nicht um einen Umsatzschlüssel handeln soll. In Herstellungsfällen lässt sie diese Aufteilung jedoch nicht gelten.
Für die Praxis ist zu berücksichtigen, dass die Nichtanwendung der BFH-Rechtsprechung nicht zwangsläufig zu Lasten des Unternehmers gehen muss. Ob die "BFH-Methode" zu einem höheren Vorsteuerabzug führt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der praktikabelste Weg der Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden dürfte i. d. R. die Aufteilung nach Nutzflächen sein. Ob die aktuelle Gesetzesfassung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG (Anwendung des Umsatzschlüssels nur im Ausnahmefall) gemeinschaftsrechtskonform ist, darf bezweifelt werden.
Außerdem ist zu beachten, dass der (jeweils günstigste) Vorsteueraufteilungsschlüssel frühzeitig geltend gemacht werden muss und dann auch für den Folgezeitraum (Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG) bindend ist. Nach dem BFH-Urteil v. 2.3.2006, V R 49/05, tritt die Bindungswirkung bereits dann ein, wenn die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr der Anschaffung/Herstellung bestandskräftig geworden ist. Entscheidend sei grundsätzlich die formelle Bestandskraft für das Jahr des Leistungsbezugs. Selbst wenn der Bescheid unter demn Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, kommt eine spätere Änderung eines einmal gewählten Aufteilungsmaßstabs nicht mehr in Betracht.
Unabhängig davon ist darauf zu achten, dass auch der zunächst am günstigsten erscheinende Vorsteueraufteilungsschlüssel auf Grund späterer Nutzungsänderungen, z. B. Wechsel in der Mieterstruktur, sich als nachteilig für den Unternehmer erweisen kann. Dies ist denkbar, wenn die Nutzungsänderung innerhalb des Vorsteuerberichtigungszeitraums eintritt.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 22.5.2007, IV A 5 – S 7306/07/0003