Leitsatz
1. Unterhält der Unternehmer einen der Vorsteuerpauschalierung unterliegenden landwirtschaftlichen Betrieb und einen weiteren der Regelbesteuerung unterliegenden Gewerbebetrieb, richtet sich die Aufteilung der Vorsteuerbeträge für gemischt genutzte Eingangsleistungen (hier: BHKW) nach § 15 Abs. 4 UStG.
2. Sachgerecht i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist dabei – entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung in Abschn. 2.5 Abs. 20 Satz 1 i.V.m. Abs. 12 Satz 3 UStAE – die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Strom- und Wärmemenge (objektbezogener Umsatzschlüssel).
Normenkette
§ 15 Abs. 4, § 24 Abs. 1 UStG, Art. 17 Abs. 5 6. EG-RL (= EWGRL 388/77), Art. 173 Abs. 1 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger erwarb ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit einer Gesamtleistung von 609 kW. Den vom BHKW erzeugten Strom speiste der Kläger in das öffentliche Netz ein. Die durch den Betrieb des BHKW im Jahr 2007 erzeugte Wärme (2.548.000 kWh) nutzte der Kläger für das Beheizen der Gewächshäuser seines Gärtnereibetriebs und damit für Umsätze ohne Vorsteuerabzug aus Einzeleingangsleistungen nach § 24 UStG.
Der Kläger machte den Vorsteuerabzug in voller Höhe geltend. Demgegenüber ging das FA davon aus, dass eine Vorsteueraufteilung vorzunehmen sei. Die Vorsteuerbeträge seien in einen abziehbaren (Strom) und einen nicht abziehbaren Anteil (Wärme) aufzuteilen. Da die Wärme für den Gartenbau verwendet werde, sei die hierauf entfallende Vorsteuer mit der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung abgegolten.
In Bezug auf den Aufteilungsmaßstab war das FA der Auffassung, dass sich bei einer Gesamtfeuerungsleistung von 609 kW die elektrische Leistung der Anlage auf 265 kW belaufe, sodass sich ein elektrischer Wirkungsgrad von 43,5 % ergebe. Die thermische Leistung betrage 205 kW und damit 33,66 % der Gesamtfeuerungsleistung. Demnach betrage der Gesamtwirkungsgrad 77,1 %. Davon entfielen 56,4 % auf die elektrische Leistung und 43,6 % auf die thermische Leistung. Entsprechend diesem Verhältnis seien die Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren (56,4 % für Strom) und einen nicht abziehbaren Teil (43,6 % für Wärme) aufzuteilen.
Anders als der Einspruch hatte die Klage überwiegend Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 7.7.2014, 9 K 3180/11, Haufe-Index 7697506). Das FG ging vom Erfordernis einer Vorsteueraufteilung aus und sah als sachgerecht die Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Wärme- und Strommenge an.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Nach dem Urteil des BFH hat das FG zu Recht entschieden, dass die Vorsteuerbeträge nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel, nicht aber nach der produzierten Leistung in kWh aufzuteilen sind.
Hinweis
1. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand sowohl für Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, als auch für Umsätze, bei denen dieses Recht nicht besteht, ist nach § 15 Abs. 4 UStG eine Vorsteueraufteilung vorzunehmen. Es kommt dabei auf eine wirtschaftliche Zurechnung an, die durch sachgerechte Schätzung zu ermitteln ist.
2. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist als Zusatzbedingung zu beachten, dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Der BFH hat dies bereits in der Vergangenheit dahin gehend eingeschränkt, dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, gleichwohl zulässig ist, wenn keine andere – präzisere – wirtschaftliche Zurechnung möglich ist (BFH, Urteil vom 7.5.2014, V R 1/10, BFHE 245, 416, BFH/NV 2014, 1177). Damit kommt es nur dann zum Ausschluss der umsatzbezogenen Vorsteueraufteilung, wenn eine nicht umsatzbezogene Vorsteueraufteilung präziser ist.
3. Bei einer Vorsteueraufteilung für den Erwerb eines BHKW geht der BFH davon aus, dass diese nicht nach der produzierten Leistung in kWh, sondern nach dem Verhältnis der Marktpreise der im Streitjahr produzierten Strom- und Wärmemenge vorzunehmen ist.
a) Für den BFH ist dabei entscheidend, dass eine Aufteilung nach der produzierten Leistung in kWh nicht sachgerecht ist, da die durch den Betrieb des BHKW erzeugten Produkte Strom und Wärme nicht miteinander vergleichbar sind.
b) Hierfür führt der BFH an, dass Hauptaufgabe eines BHKW die Produktion von Strom ist, während es sich bei der zwangsläufig entstehenden Wärme lediglich um das Nebenprodukt eines BHKW handelt. Die beiden Erzeugnisse unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit und Verwertbarkeit. Elektrische Energie (Strom) ist multifunktional nutzbar, lässt sich gut in andere Energieformen umwandeln und kann in großen Mengen über...