Leitsatz
Bezieht ein Unternehmer Leistungen für ein Gebäude mit Wohn- und Gewerbeflächen, ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge durch den Unternehmer nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung i.S.v. § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen.
Normenkette
§ 15 Abs. 4 UStG , Art. 17 Abs. 5 6. EG-RL , Art. 19 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das er zum Teil steuerpflichtig und zum Teil steuerfrei vermietet. Nach dem Verhältnis der Raumvolumina entfielen 42 % des Gebäudes auf den steuerpflichtig vermieteten Gebäudeteil und 58 % auf den steuerfrei vermieteten Gebäudeteil. Die Nettomieten betrugen jeweils monatlich 2 000 DM für die steuerpflichtig und – unter Ansatz der ortsüblichen Miete – 300 DM für die steuerfrei vermietete Gebäudefläche.
Während das FA die aus Erhaltungsaufwendungen für das Gebäude angefallenen Vorsteuern nur zu 42 % zuließ, begehrt der Kläger einen Vorsteuerabzug nach dem Umsatzschlüssel.
Entscheidung
Der BFH hat die Aufteilung der Vorsteuerbeträge durch den Unternehmer nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung i.S.v. § 15 Abs. 4 UStG anerkannt. Insbesondere unter Hinweis auf Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und Art. 19 der 6. EG-RL sei der Umsatzschlüssel als Regelaufteilungsmaßstab anzusetzen. Hierbei sei unbeachtlich, ob der Unternehmer den Gegenstand angeschafft oder selbst hergestellt habe. Habe der Unternehmer aber einmal diesen Aufteilungsmaßstab gewählt, sei er auch für die nachfolgenden Besteuerungszeiträume – insbesondere im Hinblick auf § 15a UStG – der Besteuerung zugrunde zu legen.
Hinweis
Mit dem vorliegenden Urteil hat der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil vom 12.3.1992, V R 70/87, BStBl II 1992, 755) als Schätzmaßstab i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG abweichend von der Aufteilung nach der Fläche auch eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze zugelassen.
Ansatzpunkt für diese neue Rechtsprechung ist Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-RL, der als Regel-Aufteilungsmaßstab von einem Umsatzschlüssel ausgeht. Dies gilt im Übrigen ungeachtet der Frage, ob der Unternehmer den Gegenstand angeschafft oder hergestellt hat.
Beachten Sie aber bitte, dass der einmal gewählte Aufteilungsmaßstab vom Unternehmer auch in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen, auch in Bezug auf § 15 a UStG, zugrunde gelegt werden muss.
Noch nicht geklärt ist die Frage, ob der Umsatzschlüssel auch zu Lasten des Unternehmers angewendet werden kann. Der BFH hat in dem obigen Urteil eine richtlinienkonforme Auslegung vorgenommen und damit wohl den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts verneint. Folge hieraus ist eine sachgerechte Schätzung grundsätzlich nur unter Beachtung des Umsatzschlüssels (ausführlich hierzu Birkenfeld, UStB 2001, 309).
Die Verwaltung hat bislang alleine bei Gebäudeanschaffungskosten durch Abschn. 208 Abs. 2 Satz 11 UStR 2000 die Aufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte – also in letzter Konsequenz nach dem Umsatzschlüssel – als von der Fläche abweichende Aufteilungsmethode zugelassen. Diese Einschränkung dürfte durch das obige BFH-Urteil nunmehr überholt sein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.8.2001, V R 1/01