Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Von einem Unternehmen aus Drittstaaten darf die Finanzverwaltung Rechnungen im Original verlangen, damit diese mittels eines Stempels "entwertet" werden können. Dies soll die erneute Stellung eines Vergütungsantrag mit derselben Rechnung verhindern.
Sachverhalt
Das Bundeszentralamt für Steuern lehnte den Antrag auf Vorsteuervergütung eines in der Schweiz ansässigen Unternehmens ab, da innerhalb der Antragsfrist des § 61a UStDV die Rechnungen für die Eingangsleistungen nicht im Original, sondern nur in Kopie vorgelegt worden sind.
Nach Auffassung der Klägerin sei nach der Rechtsprechung die Vorlage von Originalrechnungen nicht mehr zwingend materiellrechtliche Voraussetzung für die Vorsteuervergütung. Es reiche aus, wenn eine Kopie – wie im Streitfall – vorgelegt werde. Dass ein im Drittland ansässiger Unternehmer – anders als bei im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmen – zur Antragstellung elektronische Kopien nicht verwenden dürfe (§ 61a UStDV), stelle eine gegen das Diskriminierungsverbot und die Warenverkehrsfreiheit verstoßende Ungleichbehandlung dar.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG hat das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) den Antrag auf Vorsteuervergütung des in der Schweiz ansässigen Unternehmers zurecht abgelehnt. Zwar ist es ausreichend, wenn im elektronischen Antragsverfahren durch Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten der EU eine Rechnungskopie elektronisch übersandt wird (vgl. FG Köln, Urteil v. 16.6.2020, 2 K 2298/17 und BFH, Urteil v. 30.8.2017, XI R 24/16), hier ist allerdings nicht zu folgern, dass es für Unternehmen aus Drittstaaten ebenfalls ausreichend wäre, dass entgegen dem Wortlaut der UStDV nur Rechnungskopien vorgelegt werden.
Die Vorlage von Originalrechnungen dient dem Ziel, Mehrfachvergütungen zu vermeiden. Ein Unternehmer aus einem Drittstaat erhält die zu erstattende Vorsteuer bereits dann, wenn er einen Antrag stellt und eine Rechnung vorliegt. Dem BZSt hat keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten außer der Prüfung des Antrages und der Rechnung. Das BZSt hat weder Zugriff auf die Buchhaltung eines Antragstellers, noch stehen ihm die inländischen steuerlichen Ermittlungsmöglichkeiten oder die Ermittlungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der EU-Amtshilferichtlinie zur Verfügung. Rückforderungsbescheide können im Gegensatz zu anderen Mitgliedsstaaten in Drittstaaten nicht vollstreckt werden.
Aus diesem Grund ist es sachlich gerechtfertigt, wenn von Unternehmen aus Drittstaaten Rechnungen im Original verlangt werden, damit diese mittels eines Stempels "entwertet" werden können, um zu verhindern, dass mit derselben Rechnung ein erneuter Vergütungsantrag gestellt wird und sichergestellt ist, dass für die entsprechende Rechnung nicht bereits ein Vergütungsantrag gestellt wurde. Die Anforderung von Originalrechnung ist auch verhältnismäßig, da dies dem Antragsteller keinen erhöhten belastenden Aufwand abverlangt.
Unabhängig von der Frage, ob sich die Klägerin überhaupt auf das Diskriminierungsverbot berufen kann (verneinend EuGH, Urteil v. 4.6.2009, C-22/08 und EuGH, Urteil v. 4.6.2009, C-23/08; BFH, Urteil v. 8.8.2013, V R 3/11, BStBl 2014 II) liegt kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vor. Schließlich ist die Ungleichbehandlung jedenfalls sachlich gerechtfertigt, da Antragsteller aus Drittstaaten mit Antragstellern aus anderen Mitgliedstaaten der EU im Hinblick auf Kontrollmöglichkeiten nicht vergleichbar sind. Das EU-Amtshilfegesetz bietet dem BZSt umfangreiche Prüfungsmöglichkeiten in anderen Mitgliedstaaten der EU. Auch bestehen weitreichende Möglichkeiten der Vollstreckung von behördlichen Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten. Diese Möglichkeiten bestehen in Drittstaaten nicht.
Beim Vorsteuervergütungsverfahren handelt es sich um ein Massenverfahren, in welchem Vergütungsanträge aus einer Vielzahl von Staaten zu verarbeiten sind. Vor dem Hintergrund, dass jedenfalls in einer Vielzahl von Drittstaaten die Ermittlungsmöglichkeiten des Beklagten im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten der EU erheblich eingeschränkt sind, ist es sachgerecht, zur Missbrauchsvermeidung für sämtliche Drittstaaten die Vorlage von Originalrechnungen zu verlangen.
Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor, da sich juristische Personen aus Drittstaaten auf den Gleichheitsgrundsatz nicht berufen können.
Die im Streit stehenden Voraussetzungen für eine Vorsteuervergütung behindern den Warenverkehr nicht. Wie dargestellt belastet die Anforderung, Originalrechnungen zu übersenden, einen Unternehmer auch nicht dergestalt, dass er allein aufgrund dieser Tatsache davon absehen würde, Waren in Verkehr zu bringen.
Hinweis
Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az beim BFH V B 37/20.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil v. 16.06.2020, 2 K 31/19