Sachverhalt

Sacherhalt:

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des FG Köln ging es um die Frage, ob sich aus der Unternehmerbescheinigung nach dem Muster B i.V.m. Artikel 3 Buchst. b der 8. EG-Richtlinie eine Bindungswirkung bzw. eine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat der Bescheinigung ergibt.

In dem Ausgangsrechtsstreit ging es um die Erstattung von Mehrwertsteuern an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige. Die Klägerin hatte in den Streitjahren beim Bundeszentralamt für Steuern die Erstattung von Mehrwertsteuern aus Rechnungen über die Lieferung von Kraftstoffen (Diesel) beantragt. Streitig war, da sie mit einer von Luxemburg ausgestellten Unternehmerbescheinigung auftrat, ob die Klägerin eine in Luxemburg ansässige Steuerpflichtige war, so dass sie einen Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer gehabt hätte, oder ob sie in der Schweiz (Drittlandsgebiet) ansässig war, was nach deutschem Umsatzsteuergesetz die Erstattung der Mehrwertsteuer aus den Kraftstofflieferungen ausschließt.

Das FG Köln wollte mit seinen Vorlagefragen klären lassen, ob die der Klägerin von den luxemburgischen Finanzbehörden ausgestellte Bescheinigung nach dem Muster von Anhang B der EG-Richtlinie als Nachweis darüber ausreicht, dass sie eine in Luxemburg ansässige Steuerpflichtige ist. Für den Fall, dass dies zu verneinen ist, wollte das FG erfahren, wie der Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit nach Artikel 1 Nr. 1 der 13. EG-Richtlinie auszulegen ist.

 

Entscheidung

Die Frage nach der - uneingeschränkten - Bindungswirkung der Unternehmerbescheinigung hat der EuGH verneint. Die Bescheinigung begründet lediglich eine Vermutung über die Ansässigkeit. Zwar ist der Erstattungsstaat grundsätzlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an die Angaben der Bescheinigung gebunden. Dies schließt jedoch nicht aus, dass er eigene Anstrengungen unternehmen darf, um sich zu vergewissern, dass der vom Antragsteller angegebene (in der Bescheinigung enthaltene) Sitz wirtschaftlich tatsächlich existiert. Nach dem EuGH-Urteil stehen dem Erstattungsstaat hierfür zwei Wege offen. Er kann dem Antragsteller aufgeben, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Er kann sich auch (und soll sich auch) unmittelbar an den Staat wenden, der die Bescheinigung ausgestellt hat, und diesen um Auskünfte im Wege der Amtshilfe bitten. Der EuGH hat jedoch keinesfalls vorgeschrieben, dass nur der Weg der zwischenstaatlichen Amtshilfe beschritten werden soll. Vielmehr können dem Antrag stellenden Unternehmer die erbetenen Auskünfte auch unmittelbar abverlangt werden.

Die zweite Frage nach der Auslegung des Begriffs des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit beantwortet der EuGH zunächst so, dass er auch Ausführungen zum Parallelbegriff der "festen Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt werden" macht. Er greift auf seine frühere Rechtsprechung zurück, wonach der Niederlassungsbegriff einen durch das ständige Zusammenwirken der für die Umsätze erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildeten Mindestbestand erfordert. Eine feste Niederlassung setzt einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur voraus, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht

Obwohl die Vorlagefrage nicht auf den Niederlassungsbegriff gerichtet war, legt der EuGH diesen zusätzlich im Hinblick auf die Tätigkeit von Speditionsunternehmen aus. Für Transporttätigkeiten soll dieser Begriff zumindest ein Büro verlangen, in dem Verträge abgefasst und die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung getroffen werden können, und einen Stellplatz für die Transportfahrzeuge. Dagegen soll der Umstand, dass die Transportfahrzeuge im Mitgliedstaat, der die Unternehmerbescheinigung ausgestellt hat, zugelassen sind, nicht auf eine feste Niederlassung in diesem Mitgliedstaat hinweisen. Weiter soll eine feste Einrichtung, die nur dazu verwendet wird, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten vorzunehmen, wie z. B. das Anwerben von Personal oder den Ankauf von für die Durchführung der Unternehmenstätigkeit erforderlichen Sachmitteln, keine feste Niederlassung sein. Da er die Vermutung des FG Köln zitiert, dass im Streitfall der Ort der tatsächlichen Transporttätigkeiten in der Schweiz liege, scheint der EuGH (er musste den Streitfall jedoch nicht unmittelbar entscheiden) diese Auffassung geteilt zu haben.

Zum Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit führt der EuGH zunächst aus, dass für den Fall, dass in einem Mitgliedstaat keine feste Niederlassung angenommen werden kann, an sich noch nicht ausgeschlossen ist, dass dort auch kein Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit existieren kann. Beide Begriffe sind in ihrer Bedeutung unabhängig von einander.

Der EuGH legt den Begriff sodann für ein Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft aus. Der Sitz wird in einem solchen Fall von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, insbe...

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