OFD Frankfurt, Verfügung v. 1.9.2009, S 7100 a A - 4 - St 110
1. Grundsatz
Bei einem Konsignationslagers bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über.
Liefert ein im Drittlands- oder Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer Waren aus dem Drittland oder dem Gemeinschaftsgebiet in ein von ihm in Deutschland unterhaltenes Konsignationslager, aus dem der inländische Abnehmer Waren bei Bedarf entnimmt, verschafft er grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Konsignationslager die Verfügungsmacht im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG an den Abnehmer. Gleichzeitig verwirklicht er nach § 3 Abs. 6 UStG eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung.
2. Konsignationslager mit Drittlandsware
2.1 Regelung bis zum 31.12.2003
Unter den Voraussetzungen der §§ 41, 50 Satz 1 UStDV konnte bei einer Warenverlagerung aus dem Drittland in ein in Deutschland belegenes Konsignationslager auf die Besteuerung der Inlandslieferung an den Abnehmer verzichtet werden. Hierbei fingierte § 41 UStDV die Verschaffung der Verfügungsmacht an den Abnehmer bereits im Zeitpunkt der Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr, so dass die Waren als für den Abnehmer eingeführt galten. Aus diesem Grund konnte der Abnehmer die EUSt im Zeitpunkt der Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr als Vorsteuer geltend machen. Der im Drittland ansässige Lieferant hingegen musste sich nicht für Umsatzsteuerzwecke in Deutschland registrieren lassen, da die Inlandslieferung nicht besteuert wurde.
2.2 Regelung seit dem 1.1.2004
Fertigt der Abnehmer der Konsignationslagerware diese zum zollrechtlich freien Verkehr ab, so wird er zwar Schuldner der EUSt nach § 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 201 ZK (Zollkodex). Er ist jedoch nicht mehr befugt, die EUSt als Vorsteuer geltend zu machen, da im Zeitpunkt der Abfertigung die Verfügungsmacht an der Drittlandsware noch nicht auf ihn übergegangen ist. Der Übergang erfolgt – wie bereits unter Tz. 1 angeführt – erst im Zeitpunkt der Entnahme der Ware aus dem Konsignationslager.
Mit Verschaffung der Verfügungsmacht an den Abnehmer bewirkt der leistende Unternehmer eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung. Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG ist nicht einschlägig, da die Lieferung der Einfuhr zeitlich nachgeht. Der Lieferant ist daher verpflichtet, sich für Umsatzsteuerzwecke in Deutschland registrieren zu lassen. Er kann dann unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG die vom Abnehmer entrichtete EUSt als Vorsteuer geltend machen, sofern er im Besitz eines entsprechenden zollamtlichen Zahlungsbelegs oder eines zollamtlich bescheinigten Ersatzbelegs ist.
3. Konsignationslager mit Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet
Verbringt ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer Waren in sein in Deutschland belegenes Konsignationslager (siehe Tz. 1), verwirklicht er in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 2 Satz 1 UStG. Im Zeitpunkt der Entnahme durch den Leistungsempfänger aus dem Konsignationslager bewirkt der Unternehmer wiederum eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung. Dies hat zur Folge, dass der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer verpflichtet ist, sich in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren zu lassen.
4. Konsignationslager in anderen Mitgliedstaaten mit Waren aus Deutschland
Verbringt ein in Deutschland ansässiger Unternehmer Ware in sein in einem anderen Mitgliedstaat belegenes Konsignationslager, handelt es sich hierbei um ein innergemeinschaftliches Verbringen nach § 3 Abs. 1a UStG, das unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei ist.
4.1 Die Vereinfachungsregelungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten
Entgegen der MwStSystRL haben einige Mitgliedstaaten die Besteuerung der Lagergeschäfte vereinfacht. Die von der MwStSystRL abweichende Regelung besteht darin, dass diese Mitgliedstaaten bei der Warenverlagerung in ein Konsignationslager nicht von einem innergemeinschaftlichen Verbringen in das Lager ausgehen, sondern von einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Zeitpunkt der Entnahme aus dem Lager an den dortigen Abnehmer.
Die Vereinfachungsregelung dieser Mitgliedstaaten hat zur Folge, dass nicht der liefernde deutsche Unternehmer, sondern sein Abnehmer die Erwerbsbesteuerung in dem Bestimmungsmitgliedstaat durchzuführen hat. Für den deutschen Unternehmer besteht daher in dem anderen Mitgliedstaat keine Registrierungspflicht, so dass er keine USt-IdNr. für seinen in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Unternehmensteil erhält. Dies führt dazu, dass der deutsche Lieferer nicht in der Lage ist, den für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erforderlichen Buchnachweis nach § 17c UStDV zu erbringen.
Solange die EU-Kommission das Problem noch nicht aufgegriffen und gelöst hat, kann...