Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Können nach Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL Versorgungsansprüche vom Arbeitnehmer wegen Nichterfüllung der Wartezeit nicht mehr erdient werden, so führt dies nicht zur Rückzahlung von Arbeitslohn.
2. Verspricht der Arbeitgeber nach seinem Ausscheiden aus der VBL dem Arbeitnehmer im Weg einer Ruhegeldordnung eine vergleichbare Zusatzversorgung, so berührt dies nicht die vorgelagerte Besteuerung früherer Umlagezahlungen an die VBL als Arbeitslohn.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Der bei K als Angestellter tätige Kläger hatte die tarifvertragliche Zusage einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bunds und der Länder (VBL). K zahlte für den Kläger Umlagen an die VBL und unterwarf diese vollständig teils nach § 40b EStG pauschal, teils individuell der LSt. Mitte 2000 schied K aus der VBL aus. Der Kläger hatte jedoch zu jener Zeit die satzungsgemäße Wartezeit von 60 Umlagemonaten noch nicht erfüllt. Ansprüche auf Versorgungs- und Versicherungsrente gegen die VBL sind – von Arbeitsunfällen abgesehen – von dieser Wartezeit abhängig.
Aufgrund eines zum 01.07.2000 in Kraft getretenen neuen Tarifvertrags sagte K ihren Angestellten und deren Hinterbliebenen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe einer Ruhegeldordnung zu. Dabei flossen die Monate, für die Umlagen an die VBL geleistet wurden, als berücksichtigungsfähige Dienstzeiten mit ein. Der Kläger begehrte entsprechend seinem individuell versteuerten Anteil an den Umlagezahlungen den Ansatz negativer Einnahmen aus nicht selbstständiger Tätigkeit aufgrund des Verlusts von Versorgungsanwartschaften infolge der Beendigung der Beteiligung der K an der VBL. Das FA lehnte das ab; Bezugsrechte könnten nicht entfallen sein, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei; R 129 Abs. 13 ff. LStR 2000 käme nicht zur Anwendung.
Die hiergegen erhobene Klage war ganz überwiegend erfolgreich (FG Hamburg, Urteil vom 11.12.2007, 1 K 183/06, Haufe-Index 1950284, EFG 2008, 846).
Entscheidung
Die BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage aus den unter Praxishinweisen genannten Erwägungen ab.
Hinweis
Auch hier machte der Kläger im Ergebnis erfolglos negative Einnahmen/Werbungskosten geltend, nachdem mit Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL die Zusatzversorgung entfallen war. Aber anders als im Besprechungsfall VI R 37/08 (BFH/NV 2009, 1513, BFH/PR 2009, 372) hatte der Kläger die Wartezeiten nicht erfüllt und deshalb keinen Rentenanspruch.
1. Nach den Rechtsgrundsätzen der Entscheidung VI R 37/08 lag auch hier keine Rückzahlung von Arbeitslohn vor, weil beim Kläger weder Güter abgeflossen noch Aufwendungen entstanden waren. Wirtschaftliche Ausfälle innerhalb eines vom Arbeitgeber finanzierten Versicherungsverhältnisses, das dem Arbeitnehmer eigene Ansprüche gegen den Versicherer bzw. die Versorgungseinrichtung einräumt, sind steuerlich grundsätzlich unbeachtliche Vorgänge innerhalb der privaten Vermögenssphäre des Arbeitnehmers. Auch dann, wenn der Arbeitgeber etwa mit der Beendigung seiner Beteiligung an der VBL für Vermögensverluste innerhalb des Versicherungsverhältnisses kausal gewesen ist. Der "Wertverlust" vollzieht sich innerhalb des Versicherungsverhältnisses, nicht innerhalb des Arbeitsverhältnisses. Damit fehlte der bei einer Arbeitslohnrückzahlung notwendige Veranlassungszusammenhang.
2. Im Übrigen hatte der Kläger unabhängig von einer Wartezeit jedenfalls teilweise Versicherungsschutz, nämlich bei Arbeitsunfällen; das war als Arbeitslohn zu erfassen. Weiter war ihm eine Anwartschaft auf eine Altersversorgung mit dem tarifvertraglichen Ruhegeldanspruch wirtschaftlich erhalten geblieben, die versprochene Gesamtversorgung war gesichert. Und wie schon im Besprechungsfall VI R 37/08 (BFH/NV 2009, 1513, BFH/PR 2009, 372) lag keine Doppelbesteuerung vor. Denn das Ruhegehalt war auch nicht anteilig durch vorgelagert besteuerte Beiträge des Arbeitgebers finanziert.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 07.05.2009 – VI R 5/08