Leitsatz
1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer (Unter‐)Personengesellschaft, an der eine Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, führt nicht zum nachträglichen Wegfall des verminderten Wertansatzes für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft.
2. Der Verschonungsabschlag für den Erwerb eines Anteils an einer Oberpersonengesellschaft kann jedoch nachträglich wegfallen, wenn Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft, die wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft darstellen, veräußert oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Für die Beurteilung, ob Betriebsgrundlagen der Unterpersonengesellschaft funktional wesentlich für den Betrieb der Oberpersonengesellschaft sind, sind qualitative und quantitative Merkmale heranzuziehen.
Normenkette
§ 13a Abs. 2, Abs. 5 Nr. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG a.F.
Sachverhalt
Die Mutter (M) des Klägers war Kommanditistin der X‐KG. Die X‐KG war alleinige Kommanditistin der grundbesitzenden A‐KG. Im Jahr 2008 übertrug M einen Teil ihres Kommanditanteils an der X‐KG teilweise unentgeltlich auf den Kläger.
Im August 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A‐KG eröffnet. Im September 2012 veräußerte der Insolvenzverwalter die Maschinen, Betriebsvorrichtungen und Vorräte, soweit hieran keine Rechte Dritter bestanden, sowie das Recht, die Firma der A‐KG fortzuführen, sämtliche Pläne und Konstruktionen, das Know‐how, Fertigungsverfahren, Betriebsgeheimnisse, Kunden- und Lieferantendaten, Patente und Markenrechte an K. Die Betriebsgrundstücke der A‐KG wurden nicht veräußert, sondern an K vermietet.
Das FA setzte daraufhin die Schenkungsteuer gegen den Kläger für den Erwerb aus dem Jahr 2008 ohne den verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. fest. Die Klage hatte Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 24.1.2018, 4 K 1043/17 Erb, Haufe-Index 11552441, EFG 2018, 688).
Entscheidung
Auf die Revision des FA verwies der BFH die Sache an das FG zurück. Die Insolvenz der A‐KG und die Veräußerung von Wirtschaftsgütern der A‐KG durch den Insolvenzverwalter hätten zwar nicht zum Wegfall des verminderten Wertansatzes für den Anteil des Klägers an der X‐KG mit Wirkung für die Vergangenheit geführt. Das FG habe aber nicht geprüft, ob das Betriebsgrundstück der A‐KG eine wesentliche Betriebsgrundlage der X‐KG darstellte, die durch die Vermietung an K anderen als dem Betrieb der X‐KG dienenden Zwecken zugeführt wurde.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit den Folgen für den verminderten Wertansatz für das Betriebsvermögen einer Oberpersonengesellschaft, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer (Unter-)Personengesellschaft eröffnet wird, an der die Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, und der Insolvenzverwalter Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft veräußertoder anderen betriebsfremden Zwecken zuführt. Das Urteil bezieht sich auf § 13a Abs. 2, Abs. 5 Nr. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG i.d.F. bis 31.12.2008 (ErbStG a.F.).
1. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil i.S.d. § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. und der verminderte Wertansatz i.S.d. § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs (§ 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F.). Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (§ 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F.).
2. Gegenstand einer steuerschädlichen Veräußerung i.S.d. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. kann der gesamte Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb oder ein Anteil an einer Mitunternehmerschaft sein. Die Begriffe sind ertragsteuerrechtlich zu bestimmen.
a) Eine Veräußerung eines ganzen Betriebs liegt vor, wenn der Betrieb in seinen wesentlichen Teilen in der Weise auf den Erwerber übergeht, dass er ihn unverändert fortführen kann. Unter einem Teilbetrieb ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein lebensfähig ist; es muss sich um einen selbstständigen Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens handeln.
Werden wesentliche Betriebsgrundlagen vom Veräußerer zurückbehalten, ist keine Veräußerung eines ganzen Betriebs gegeben. In einem solchen Fall kommt aber die Veräußerung eines Teilbetriebs oder die Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen in Betracht.
Gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ErbStG a.F. gilt als Veräußerung auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs.
Auf die Gründe für die Veräußerung oder Betriebsaufgabe kommt es für die Nachbesteuerung nicht an. Daher führen z.B. die zwangsweise Betriebsveräußerung aufgrund gesetzlicher Anordnung, die insolve...