Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Aufwendungen zur Wiederherstellung der Gesundheit können dann betrieblich oder beruflich veranlasst sein, wenn es sich um eine typische Berufskrankheit handelt oder der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf eindeutig feststeht.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die als Orchestergeigerin nicht selbstständig tätige K machte Aufwendungen für Krankengymnastik und für eine Bewegungsschulung (Dispokinese) geltend (2.516 EUR). Das FA berücksichtigte zunächst die Kosten für Dispokinese (1.075 EUR) als Werbungskosten und die für Krankengymnastik als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG). Im Einspruchsverfahren änderte das FA die Einkommensteuer zu Ks Nachteil, indem es die Kosten für Dispokinese nicht mehr als Werbungskosten berücksichtigte. Das FG wies die Klage ab (Hessisches FG, Urteil vom 13.12.2011, 12 K 2569/10, Haufe-Index 3458304).
Entscheidung
Der BFH hob aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsermittlung und erneuten Prüfung an das FG zurück.
Hinweis
Die Aufwendungen der Geigerin waren unter zwei Aspekten zu prüfen: zum einen unter dem der Fortbildungskosten, die einem Steuerpflichtigen für und in Zusammenhang mit einem ausgeübten Beruf entstehen. Zum anderen aber auch im Hinblick darauf, dass selbst Aufwendungen zur Minderung oder Behebung gesundheitlicher Probleme Werbungskosten sein können, wenn sie nämlich der Behebung typischer Berufskrankheiten dienen.
1. Zu Werbungskosten gehören auch Aufwendungen für berufsbezogene Fortbildungsmaßnahmen, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit den einkommensteuerbaren Einnahmen stehen. Diese Voraussetzungen hatte K schon in ihrer Einkommensteuerveranlagung ausführlich und umfangreich dargelegt und geltend gemacht. Dem hätte das FG nachgehen, den Sachverhalt weiter aufklären und gegebenenfalls auch ein Sachverständigengutachten einholen müssen.
2. Zum zweiten Aspekt erinnert der BFH an seine bisherige ständige Rechtsprechung, an der er hier ausdrücklich festhält, dass nämlich Aufwendungen zur Verminderung oder Behebung gesundheitlicher Störungen, die typischerweise mit der betreffenden Berufstätigkeit verbunden sind, Werbungskosten sein können, wenn es sich um typische Berufskrankheiten handelt oder der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf eindeutig feststeht (BFH, Urteil vom 17.7.1992, VI R 96/88, BFH/NV 1993, 19 m.w.N.). Der Einfachheit halber verweist der BFH dann auch auf ein Urteil des Sächsischen FG (Urteil vom 26.10.2010, 5 K 435/06, Haufe-Index 2544467), das diese Grundsätze samt umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen in einem vergleichbaren Fall einer Geigerin berücksichtigt hatte.
3. Danach wird im zweiten Rechtsgang zu prüfen sein: Könnten die Aufwendungen für Dispokinese als Fortbildungsmaßnahme zu berücksichtigen sein? Kommt ein Werbungskostenabzug unter dem Gesichtspunkt der typischen Berufskrankheit oder eines eindeutig feststehenden Zusammenhangs zwischen Erkrankung und Beruf in Betracht?
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.7.2013 – VI R 37/12