Leitsatz
Abziehbare vergebliche Werbungskosten können auch dann vorliegen, wenn für einen geplanten Umzug in das Ausland ins Werk gesetzte Maßnahmen (Kauf eines Eigenheims im Ausland) rückgängig gemacht werden, um weiter – wie bisher – im Inland Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu erzielen.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger wurden im Streitjahr 1992 als Eheleute zusammen zur ESt veranlagt. Der Kläger – ein seit 1989 im Inland unbeschränkt steuerpflichtiger niederländischer Staatsangehöriger – war 1992 bei einem inländischen Arbeitgeber beschäftigt. 1991 bot dieser ihm eine Stelle bei einem niederländischen Schwesterunternehmen zum 1.7.1992 an. Der Kläger nahm dieses Angebot an und kaufte daraufhin Ende 1991 ein Einfamilienhaus für rd. 460.000 DM in den Niederlanden.
Im März 1992 wurde die Weiterbeschäftigung des Klägers im Inland vereinbart, da er dort benötigt wurde. Deshalb machte der Kläger den Vertrag über den Kauf des Eigenheims in den Niederlanden rückgängig. Dem Kläger erwuchsen hieraus Schadenersatzverpflichtungen gegenüber den Verkäufern in Höhe von rd. 82.000 DM. Diesen Betrag machte der Kläger als Werbungskosten geltend. Dies lehnte das FA ab.
Die Klage – in der der Kläger zusätzlich vorgetragen hatte, Ersatzleistungen des Arbeitgebers seien vollständig als Arbeitslohn behandelt worden – hatte gleichfalls keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, die Entscheidung der Kläger, den Hauskauf rückgängig zu machen, berühre auch die private Vermögenssphäre (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG).
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die dem Kläger entstandenen Aufwendungen stellten vergebliche Werbungskosten dar, die der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend machen könne. Die Sache sei an das FG zurückzuverweisen, da unklar sei, ob und in welcher Höhe vom Arbeitgeber oder von dritter Seite – etwa der Schwestergesellschaft des Arbeitgebers – Ersatz geleistet worden sei.
Hinweis
Bereits im Urteil vom 24.5.2000 (VI R 17/96, BStBl II 2000, 584) hatte der BFH entschieden, dass vergebliche Aufwendungen Werbungskosten sein können, wenn die Absicht umzuziehen aufgegeben wird, weil eine vorgesehene Versetzung nicht durchgeführt wird. Auf diese Rechtsprechung hat die Besprechungsentscheidung ausdrücklich Bezug genommen.
Die (zusätzliche) Besonderheit lag im Streitfall darin, dass die vergeblichen Aufwendungen im Ausland angefallen waren. Dies führte indessen nicht dazu, dass ein Ansatz der streitigen Aufwendungen im Inland ausgeschlossen war. Eine Nichtberücksichtigung hätte auch den Gesichtspunkt der verminderten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht hinreichend berücksichtigt.
Entscheidend war im Streitfall, dass der Kläger Maßnahmen rückgängig machte, um durch Verwertung seiner Arbeitskraft weiterhin Einkünfte im Inland zu erzielen. Dieser Bezug rechtfertigte den Ansatz der vergeblichen – wenngleich mit Auslandsberührung entstandenen – Kosten bei den inländischen Einkünften, die aufgrund einer nicht unterbrochenen Weiterbeschäftigung des Klägers erzielt wurden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.3.2001, VI R 139/00