Leitsatz
Eine Flugbegleiterin übt eine Auswärtstätigkeit aus. Am Heimatflughafen hat sie keine regelmäßige Arbeitsstätte. Der sog. Briefing-Raum ist kein anderer Arbeitsplatz im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG.
Sachverhalt
Die Klägerin war als Kabinenchefin für eine Fluggesellschaft tätig. Sie hatte in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 für die Fahrten von ihrem Wohnort zum Einsatzflughafen in Frankfurt Werbungskosten i. H. d. sog. Entfernungspauschale geltend gemacht. Außerdem hatte sie den Abzug von Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer begehrt. Das Finanzamt erkannte die Fahrtkosten, nicht aber die Aufwendungen für das Arbeitszimmer an. Im Laufe des finanzgerichtlichen Klageverfahrens, das die Klägerin zunächst allein wegen des streitigen Arbeitszimmers angestrengt hatte, beantragte sie die Berücksichtigung von Fahrtkosten i. H. v. 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer. Sie ist der Meinung, dass ihr nach der Rechtsprechung des BFH der volle Fahrtkostenabzug zustehe, weil sie keine regelmäßige Arbeitsstätte habe.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die gesetzliche Beschränkung des Werbungskostenabzuges auf die sog. Entfernungspauschale lediglich Fahrten zwischen Wohnort und "regelmäßiger Arbeitsstätte" erfasst. "Regelmäßige Arbeitsstätte" ist nach der Rechtsprechung des BFH jedoch nur noch der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit. Die Klägerin ist jedoch schwerpunktmäßig nicht im Flughafen in Frankfurt, sondern im Flugzeug tätig. Sie übt somit eine sog. Auswärtstätigkeit aus und kann daher Fahrtkosten i. H. v. 0,30 EUR pro tatsächlich gefahrenem Kilometer in Abzug bringen. Da der Klägerin kein "anderer Arbeitsplatz" für die von ihr zu erledigenden Arbeiten zur Verfügung gestanden hat, sind auch die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer bis zu dem Höchstbetrag von 1.250 EUR als Werbungskosten abzugsfähig. Der im Rahmen der Flugvorbereitung genutzte, lediglich mit allgemeinen Sitzgelegenheiten und einem kleinen fahrbaren Tisch ausgestattete sog. Briefing-Raum ist kein "anderer Arbeitsplatz".
Hinweis
Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen. Diese wurde inzwischen eingelegt und trägt das Az. VI R 54/13. Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil v. 21.9.2012, 3 K 1740/10 im Falle eines Piloten ebenfalls entschieden, dass die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Flughafen in voller Höhe abzugsfähig sind. Auch gegen dieses Urteil wurde Revision eingelegt (VI R 68/12). Man darf gespannt sein, ob der BFH der plausiblen Begründung der FG folgt. Piloten und Flugbegleiter sollten jedenfalls bis zur Entscheidung durch den BFH die tatsächlichen Kosten für die Fahrten zum Flughafen, und ggf. die Kosten eines Arbeitszimmers als Werbungskosten geltend machen und das Verfahren durch einen Einspruch offen halten.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 02.07.2013, 11 K 4527/11 E