Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Stehen Werbungskosten mit vor dem 1.1.2009 zugeflossenen Kapitalerträgen in Zusammenhang, steht ihrem Abfluss im Jahr 2009 das mit Einführung der Abgeltungsteuer geltende Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG nicht entgegen.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen machten im Veranlagungszeitraum 2009 Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten infolge einer vor 2009 erfolgten Veräußerung einer GmbH-Beteiligung geltend. Sie waren der Auffassung, die angefallenen Schuldzinsen seien in vollem Umfang steuermindernd zu berücksichtigen. Die Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sei erst durch eine gravierende Änderung der BFH-Rechtsprechung möglich geworden, die im Gesetzesvorhaben zur Einführung der Abgeltungsteuer nicht hatte berücksichtigt werden können, da das Gesetz bereits vor Bekanntgabe der einschlägigen BFH-Entscheidung verkündet worden sei. Demgegenüber ließ das Finanzamt die Finanzierungskosten unberücksichtigt, da ab 2009 nach § 20 Abs. 9 EStG ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ausgeschlossen sei.
Entscheidung
Das FG gab den Steuerpflichtigen jedoch Recht und entschied, dass nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut § 20 Abs. 3 bis 9 EStG in der ab 2009 geltenden Fassung, erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden seien. Denn der Gesetzgeber habe für die Anwendung des § 20 Abs. 9 EStG nicht auf das Jahr des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt.
Entscheidend ist, in welchem Jahr die den Aufwendungen zuzuordnenden Kapitaleinnahmen zufließen, ggf. ab wann diese zufließen können. Dieses Ergebnis stehe auch im Einklang mit der Begründung des Ausschlusses des Abzugs von tatsächlichen Aufwendungen durch § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG.
Der Gesetzgeber rechtfertigt dieses Abzugsverbot mit der Typisierung hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten i. H. v. 801 EUR bzw. 1.602 EUR in den unteren Einkommensgruppen. In den oberen Einkommensgruppen sollen die Werbungskosten durch den relativ niedrigen Proportionalsteuersatz von 25 % mitabgegolten sein (BT-Drucks. 16/4841 S. 57). Hierdurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass das Abzugsverbot gerechtfertigt ist, wenn Einnahmen zufließen, für welche die Besonderheiten des Abgeltungsverfahrens, nämlich der einheitliche Sparer-Pauschbetrag bzw. die Abgeltungsteuer von 25 %, zu beachten sind.
Angesichts dieser Gesetzesbegründung könne auch eine mögliche Gesetzeslücke, welche dadurch entstanden sein könnte, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Abgeltungsteuer die Rechtsprechungsänderung zur Anerkennung von nachträglichen Werbungskosten nicht berücksichtigen konnte, nicht dahin geschlossen werden, dass auf den Zeitpunkt des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt wird.
Einer solchen Auslegung stehe zudem der eindeutige Gesetzeswortlaut der besonderen Anwendungsvorschrift für § 20 Abs. 9 EStG entgegen.
Hinweis
Die Finanzverwaltung sieht dies im BMF, Schreiben v. 9.10.2012, IV C 1-S 2252/10/10013, BStBl 2012 I S. 953 Rz. 322 anders, wonach in 2009 abgeflossene Ausgaben auch unter das Abzugsverbot fallen, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhängen.
Dagegen hat auch das FG Köln mit Urteil v. 17.4.2013, 7 K 244/12 den Werbungskostenabzug in einem vergleichbaren Fall zugelassen. Gegen diese Entscheidung wurde Revision eingelegt, die unter dem Az. VIII R 34/13 beim BFH anhängig ist.
Betroffene Steuerpflichtige sollten daher Einspruch einlegen und Aussetzung des Verfahrens (§ 363 Abs. 2 AO) bis zum Ergehen einer höchstrichterlichen Entscheidung beantragen.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2012, 2 K 3893/11 E