Leitsatz
Das durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl I 1999, 402) eingeführte Wertaufholungsgebot verstößt auch insoweit nicht gegen die Verfassung, als davon Teilwertabschreibungen erfasst werden, die mehr als zehn Jahre vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung vorgenommen worden waren.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 2 und 3, § 52 Abs. 16 S. 2 und 3; § 4 Abs. 1 EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte auf ein Grundstück in den Jahren 1987 bis 1993 Teilwertabschreibungen von insgesamt ca. 120 000 DM vorgenommen. In der Bilanz auf den 30.06.1999 erhöhte er den Wert um ca. 72 000 DM und bildete i.H.v. 80 % des Betrags eine Rücklage. Das Grundstück hatte zu dieser Zeit einen Wert, der jedenfalls nicht unter den Anschaffungskosten lag.
Gegen den erklärungsgemäß ergangenen ESt-Bescheid 1998 legte der Landwirt Einspruch wegen Verfassungswidrigkeit des ab 1999 geltenden Wertaufholungsgebots ein. Später erhöhte das FA den Wert des Grundstücks auf die Anschaffungskosten, schlug 80 % des Mehrbetrags der Wertaufholungsrücklage zu und wies den Einspruch zurück. Die Klage beim FG hatte keinen Erfolg (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 05.06.2007, 5 K 357/02, Haufe-Index 1770794, EFG 2007, 1449).
Entscheidung
Ebenso blieb die Revision erfolglos. Der BFH hatte keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass ab 1999 Wertaufholungen auch für frühere Teilwertabschreibungen vorzunehmen waren.
Hinweis
1. Hatte sich der Wert nach einer Teilwertabschreibung wieder erhöht, konnte bis 1999 in der Steuerbilanz wahlweise wieder eine Zuschreibung bis zur Höhe der Bewertungsobergrenze gemacht werden. Mit dem StEntlG 1999/2000/2002 wurde das Wahlrecht ab 1999 durch einen Zwang ersetzt. Seither muss bei einer Werterholung wieder zugeschrieben werden (sog. Wertaufholungsgebot). Dass ein solcher Zwang und damit die Erhöhung des Gewinns im Zuschreibungsjahr verfassungsrechtlich zulässig ist, wird kaum zu bestreiten sein.
Immerhin ist das Wertaufholungsgebot weniger einschneidend als das seinerzeit diskutierte Verbot der Teilwertabschreibung und bedeutet keine Verletzung des Imparitätsprinzips. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber nicht nach der Entscheidung des BVerfG zu den Jubiläumsrückstellungen (BVerfG vom 12.05.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111) auf das Teilwertabschreibungsverbot zurückkommen wird. Dieses würde zwar eine Verletzung des Imparitätsprinzips bedeuten, dürfte aber in Übereinstimmung mit den vom BVerfG aufgestellten Grundsätzen stehen. Denn eine steuerrechtliche Abweichung vom Imparitätsprinzip soll danach keine Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips und des Folgerichtigkeitsgebots bedeuten.
2. Im Urteilsfall ging es allerdings um die Frage, ob die Wertaufholung auch für allevor 1999 vorgenommenen Teilwertabschreibungen angeordnet werden darf. Dies bejaht der BFH u.a. mit dem Argument, dass nur so eine gleichmäßige Besteuerung erreicht werde (anderenfalls blieben nur alte Teilwertabschreibungen definitiv) und dass über die mögliche Bildung einer Wertaufholungsrücklage die eintretenden Gewinnerhöhungen über einen ausreichend langen Zeitraum verteilt werden könnten.
3. Handelsbilanziell gab es eine Pflicht zur Wertaufholung bisher nur für Kapitalgesellschaften (§ 280 Abs. 1 HGB a.F.). Mittlerweile ist das Wertaufholungsgebot durch das BilMoG ebenfalls auf alle Unternehmen erstreckt worden (§ 253 Abs. 5 S. 1 HGB); eine Ausnahme gilt für den Geschäfts- und Firmenwert, der einem Wertaufholungsverbot unterliegt (§ 253 Abs. 5 S. 2 HGB).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.02.2010 – IV R 37/07