OFD Cottbus, Verfügung v. 23.3.1999, S 2244 - 5 - St 113
Im Zusammenhang mit dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 9.6.1997, GrS 1/94 (BStBl 1998 II S. 307) und anderer Urteile des BFH zu der Problematik, inwieweit kapitalersetzende Darlehen zu nachträglichen Anschaffungskosten einer wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 EStG führen können, stellt sich die Frage, ob weiterhin an dem BMF-Schreiben vom 14.4.1994 (BStBl 1994 I S. 257) festgehalten worden kann. Nach der vorgenannten Verwaltungsanweisung sind kapitalersetzende Darlehen mit dem Teilwert, der ggf. null DM betragen kann, zu bewerten.
Zu der aufgeworfenen Frage wird wie folgt Stellung genommen:
Der BFH geht zwischenzeitlich von vier Arten von Darlehen aus:
- Dem in der Krise hingegebenen Darlehen ( BFH vom 24.4.1997, VIII R 16/94, BFH/NV 1998 S. 102)
- Dem zunächst risikofreien, aber von Anfang an zur Krisenfinanzierung bestimmten Darlehen ( BFH vom 24.4.1997, VIII R 16/94, a.a.O.; BFH vom 10.11.1998, VIII R 6/96)
- Dem zur Finanzierung des Unternehmenszwecks gewährten „Finanzplandarlehen” ( BFH-Urteil vom 4.11.1997, VIII R 18/94)
- 4. Dem zunächst risikofreien Darlehen, das nach Eintritt der Krise „stehengelassen” wird oder auf das verzichtet wird ( BFH vom 24.4.1997, VIII R 16/94, a.a.O.)
Unstrittig ist zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung bisher allein die Behandlung der unter 1. genannten, in der Krise gewährten Gesellschafterdarlehen.
Darlehensgewährungen in der Krise führen unzweifelhaft zu nachträglichen Anschaffungskosten i.H. des Nennwerts des Darlehens, soweit im Zeitpunkt der Hingabe noch eine Einkunftserzielungsabsicht bestand.
Der BFH will auch die unter 2. bzw. 3. genannten Darlehen mit dem Nennwert bewerten. Inwieweit sich die Finanzverwaltung der BFH-Auffassung anschließen wird, ist noch nicht abschließend entschieden. Insoweit bleibt die Veröffentlichung der aufgeführten Urteile im BStBl abzuwarten.
Im Hinblick auf den Beschluß des Großen Senats vom 9.6.1997 (a.a.O.) geht die Finanzverwaltung weiterhin davon aus, daß bei den unter 4. genannten Darlehen als Ansatz nur der Teilwert in Betracht kommt, der ggf. – insbesondere unter Beachtung der Kündigungsmöglichkeiten – mit null DM anzusetzen sein wird (BMF-Schreiben vom 14.4.1994, a.a.O.).
Hinsichtlich dieser Darlehen, die nach Eintritt der Krise „stehengelassen” werden, liegen abschließende BFH-Entscheidungen noch nicht vor. Insoweit ist der Ausgang der Revisionsverfahren VIII R 79/98 und VIII R 47/98 abzuwarten.
Bis zum Abschluß der o.g. Revisionsverfahren gilt weiterhin die im BMF-Schreiben vom 14.4.1994 (a.a.O.) vertretene Rechtsauffassung, wonach nur in der Krise hingegebene Darlehen zu nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe des Darlehensnennwerts führen. Es wird darauf hingewiesen, daß die vorstehenden BFH-Urteile vom 24.4.1997, 4.11.1997 bzw. 10.11.1998 bislang nicht veröffentlicht und damit über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden sind.
Die Bearbeitung von Einspruchsverfahren hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Finanzplandarlehen und krisenbestimmten Darlehen kann zurückgestellt werden, bis sich die Finanzverwaltung zu diesem Problemkreis abschließend äußert bzw. die Urteile VIII R 16/94, VIII R 18/94 und VIII R 6/96 (,,) im BStBl veröffentlicht werden. Einspruchsverfahren wegen der steuerlichen Behandlung von stehengelassenen Darlehen ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.
Normenkette
EStG § 17