Leitsatz
Für die Anerkennung der gewerblichen Verpachtung reicht es aus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden. Hierzu zählt bei einem Handwerksbetrieb nicht das jederzeit wiederbeschaffbare Werkstattinventar.
Normenkette
§ 15 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er eine freie Autoreparaturwerkstatt betrieb. Mit Wirkung zum 01.07.1997 verpachtete er die Werkstattgebäude. Gleichzeitig veräußerte er seine gesamte Betriebsausstattung an den Pächter. Das Pachtverhältnis war zunächst auf fünf Jahre geschlossen und sollte sich verlängern, wenn es nicht von einer Vertragspartei fristgerecht gekündigt wird. Der Pächter führte den Betrieb in derselben Form und unter altem Namen fort.
Der Kläger erklärte im Rahmen seiner ESt-Veranlagung zum 31.12.1998 die Betriebsaufgabe. Das FA ging dagegen von einer Betriebsaufgabe bereits zum 01.07.1997 aus.
Auch das FG war der Auffassung, der Kläger habe seinen Gewerbebetrieb bereits im Streitjahr 1997 endgültig aufgegeben (Niedersächsisches FG, Urteil vom 07.09.2005, 9 K 231/02, Haufe-Index 1644159, EFG 2006, 1895).
Entscheidung
Der BFH gab dem Kläger recht und bejahte eine gewerbliche Betriebsverpachtung.
Hinweis
Voraussetzung für die Anerkennung einer Betriebsverpachtung ist, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden. Dem Verpächter muss objektiv die Möglichkeit verbleiben, den "vorübergehend" eingestellten Betrieb als solchen wieder aufzunehmen und fortzuführen.
Werden wesentliche Teile des Betriebsvermögens veräußert, kommt es auch ohne ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe mit der Folge, dass dann nur noch die einzelnen, dem Privatvermögen zuzurechnenden Gegenstände verpachtet sind.
Was sind aber die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebs? Für die Beantwortung dieser Frage kommt es auf die Verhältnisse des verpachtenden, nicht auf diejenigen des pachtenden Unternehmens an.
Wird lediglich das Betriebsgrundstück, ggf. in Verbindung mit Betriebsvorrichtungen, verpachtet, so liegt nur dann eine Betriebsverpachtung vor, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt.
Während die ältere Rechtsprechung dies als Ausnahme angesehen hat, geht die neuere Rechtsprechung davon aus, dass jedenfalls bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen sowie bei Hotel- und Gaststättenbetrieben – im Gegensatz zum produzierenden Gewerbe – die gewerblich genutzten Räume, die dem Handelsgeschäft das Gepräge geben, regelmäßig den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden.
Auch im handwerklichen Bereich hat der BFH je nach Branche und Eigenart des Betriebs sowie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls schon in der Vergangenheit Maschinen, Geräte und Einrichtungsgegenstände als Wirtschaftsgüter von untergeordneter Bedeutung beurteilt, wenn für den Umsatz und Gewinn des Betriebs die Lage und der Zustand des Betriebsgrundstücks samt Aufbauten und Betriebsvorrichtungen ausschlaggebend und/oder das bewegliche Anlagevermögen leicht und kurzfristig wiederbeschaffbar waren (siehe zuletzt für ein Autohaus, BFH, Urteil 11.10.2007, X R 39/04, BFH/NV 2008, 439; für eine Bäckerei, BFH, Urteil vom 20.02.2008, X R 13/05, BFH/NV 2008, 1306 m.w.N.).
Diese Rechtsprechung hat der X. Senat für einen Kfz-Betrieb bestätigt: Das verpachtete Betriebsgrundstück und die Werkstattgebäude stellen die wesentlichen Betriebsgrundlagen dar, die dem Kfz-Betrieb das Gepräge geben. Ihnen kommt durch ihre Lage und den hierdurch bestimmten Kundenkreis im Verhältnis zu den übrigen Wirtschaftsgütern besondere Bedeutung zu.
Demgegenüber zählt das Werkstattinventar nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Kfz-Werkstätte, da es seiner Natur nach einem kontinuierlichen Austausch unterliegt und nicht geeignet ist, den Charakter des Betriebs wesentlich zu prägen. Es ist lediglich ein Arbeitsmittel für die handwerkliche Tätigkeit und kann kurzfristig wiederbeschafft werden.
Die neuere Rechtsprechung führt dazu, dass es in vielen Fällen, in denen (nur) das Betriebsgrundstück verpachtet, das sonstige Inventar aber verkauft wird, nicht zu einer Betriebsaufgabe, sondern lediglich zu einer Betriebsunterbrechung kommt. Will der Steuerpflichtige seinen Betrieb aufgeben, sollte er dies – um auch die entsprechende Sicherheit zu haben – der Finanzbehörde gegenüber eindeutig erklären.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.08.2009 – X R 20/06