Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Mit Wirkung zum 1.1.2017 sind – allerdings mit einer antragsgebundenen Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 – für juristische Personen des öffentlichen Rechts neue Regelungen zur Unternehmereigenschaft in § 2b UStG eingeführt worden. Unter bestimmten Umständen gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer i. S. d. UStG. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass dies nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen darf. In § 2b Abs. 3 UStG wird exemplarisch für Leistungen gegenüber anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts aufgeführt, wann eine solche "größere Wettbewerbsverzerrung" nicht vorliegt. Soweit Leistungen ausgeführt werden, die durch die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt sind, führen diese unter in § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG aufgeführten Bedingungen nicht zu einer größeren Wettbewerbsverzerrung.
Die Finanzverwaltung teilt dazu jetzt mit, dass es sich bei § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG um ein Regelbeispiel handelt. Wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, besteht die Vermutung, dass keine größere Wettbewerbsverzerrung zulasten privater Dritter vorliegt. Zur unionsrechtskonformen Anwendung ist es aber erforderlich, eine gesonderte Prüfung auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen nach § 2b Abs. 1 UStG vorzunehmen.
Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob private Unternehmer potenziell in der Lage sind, vergleichbare Leistungen wie die öffentliche Hand zu erbringen. Ergibt sich unter Anwendung dieser Maßstäbe, dass die Nichtbesteuerung von Leistungen im Rahmen der Zusammenarbeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, ist die Regelvermutung des § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG als widerlegt anzusehen.
Besonders weist die Finanzverwaltung darauf hin, dass bei Leistungsvereinbarungen über verwaltungsunterstützende Hilfstätigkeiten regelmäßig bereits die Voraussetzungen des § 2b Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG nicht gegeben sind. Diese Leistungen erfüllen keine spezifisch öffentlichen Interessen, da sie ohne Weiteres auch von privaten Unternehmern erbracht werden können. Im Rahmen der gesonderten Wettbewerbsprüfung nach § 2b Abs. 1 Satz 2 UStG scheiden diese Leistungen auf jeden Fall aus der Nichtsteuerbarkeit aus.
Zu diesen verwaltungsunterstützenden Hilfstätigkeiten gehören insbesondere Verträge, die auf Gebäudereinigung, Grünpflegearbeiten, Neubau- und Sanierungsmaßnahmen an Straßen und Gebäuden sowie auf unterstützende IT-Dienstleistungen beschränkt sind.
Konsequenzen für die Praxis
Können Leistungen, die juristische Personen des öffentlichen Rechts ausführen – auch nur gegenüber anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts – zu einer größeren Wettbewerbsverzerrung führen, müssen sie sich den selben umsatzsteuerrechtlichen Regelungen stellen wie auch private Unternehmen. Die Klarstellung durch die Finanzverwaltung, dass insbesondere die Ausführung von den verwaltungstechnischen Hilfstätigkeiten nicht ohne Umsatzsteuer erfolgen kann, ist deshalb zu begrüßen.
Die Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 14.11.2019, III C 2 – S 7107/19/10005:011, BStBl 2019 I S. 1140.