Leitsatz
Streitig ist der Ansatz einer privaten Nutzungsentnahme eines alleinigen Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, aufgrund fehlender Vergleichbarkeit des ausschließlich betrieblich genutzten PKW und des zur privaten Nutzung überlassenen PKW.
Sachverhalt
Die Klägerin erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Form einer GmbH & Co. KG an der X alleiniger Kommanditist ist und die Komplementärin, die Y Verwaltungs-GmbH. Herrn X wurde ein Mercedes Benz C 280 T zur alleinigen Nutzung überlassen. Im Anlagevermögen der Klägerin befand sich im Streitjahr ein Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet (Kastenwagen). Das Fahrzeug wurde im Jahr 2012 erworben. Einen privaten Nutzungsanteil machte die Klägerin hierfür nicht geltend. Nach Angaben der Klägerin wurde der PKW zu allgemeinen Fahrten des Kommanditisten X verwendet, insbesondere für Fahrten zu den Betriebsstätten der Klägerin. Die für die Jahre 2012 bis 2014 durchgeführte Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass hier ein privater Nutzungsanteil zu versteuern ist. Da die Klägerin kein Fahrtenbuch geführt hat, unterwarf der Kläger die Privatnutzung der 1-%-Methode. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit zulässigem Einspruch. Durch Einspruchsentscheidung wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Als Begründung stellte der Beklagte auf den Anscheinsbeweis ab. Zwar steht dem Komplementär X ein Mercedes Benz zur Verfügung, dieser sei jedoch weder in Bezug auf den Gebrauchswert noch im Hinblick mit dem Status des im Anlagevermögen befindlichen Fiat vergleichbar, da der Fiat insbesondere ein variables Sitzkonzept als auch ein größeres Kofferraumvolumen besitze. Zudem sei der Mercedes aufgrund der hohen Laufleistung, der veralteten Technologie und den daraus resultierenden Wiederbeschaffungskosten nicht vergleichbar. Die hiergegen erhobene Klage wies als Begründung im Wesentlichen auf, dass der Kommanditist der Klägerin weder verheiratet sei noch Kinder habe. Für Privatfahrten steht dem Kommanditisten neben dem Mercedes Benz noch ein, im Privatbesitz des Kommanditisten befindlicher, PKW zur Verfügung. Darüber hinaus befindet sich in dem PKW ständig ein großer Werkzeugkoffer, welcher nur Platz hat, wenn die hinteren Sitze umgeklappt sind. Hinzu kommt noch, dass X auf den Fahrten morgens und abends von einem Mitarbeiter begleitet wird. Auch ein Vergleich aufgrund des hohen Alters des Mercedes kann nach Auffassung der Klägerin nicht dadurch entkräftet werden, dass der Mercedes Benz wegen des hohen Alters und der hohen Laufleistung als minderwertig eingestuft wird - zumal der Mercedes eine wesentlich bessere Ausstattung als der Fiat besitze.
Entscheidung
Die Klage ist zulässig und begründet. Das FG ist der Auffassung, dass die Klägerin zu Unrecht eine private PKW-Nutzung unterstellt hat. Eine Privatnutzung sieht § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG dann nicht vor, wenn keine Privatnutzung stattgefunden hat. So beispielsweise auch BFH, Urteil v. 4.12.2012, VIII R 42/09. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden betriebliche Fahrzeuge, welche zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch privat genutzt (Beweis des ersten Anscheins), sofern Sie nicht typischerweise nicht für den privaten Gebrauch geeignet sind. Dieser Anscheinsbeweis kann dadurch entkräftet werden, dass ein Steuerpflichtiger einen Sachverhalt so darlegt, dass es eine andere Möglichkeit als der, den allgemeinen Erfahrungen entsprechenden Geschehens, gibt. Hierzu genügt nicht lediglich die Behauptung, dass der PKW nicht für Privatfahrten genutzt werde. Ob der Anscheinsbeweis widerlegt wurde entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Das FG kam zur Überzeugung dass der Anscheinsbeweis im vorliegenden Fall dadurch erschüttert wurde, dass mit dem Mercedes Benz ein in Status und Gebrauchswert vergleichbares Fahrzeug zur alleinigen Verfügung des einzigen Kommanditisten stand. Nach der weiteren Begründung des FG ist der "Gebrauchswert" dahin gehend auszulegen, dass hierunter der Nutzwert, also der Wert der Sache hinsichtlich der Brauchbarkeit, Eignung für bestimmte Funktionen und Zwecke zu verstehen ist.
Nach Auffassung des Gerichts sind die beiden PKW daher vergleichbar. Demnach weist der Mercedes deutlich höhere Leistungsmerkmale auf, welche nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Der Mercedes liegt im hohen Luxuspreisniveau und stellt daher einen höheren Statuswert dar. Lediglich das größere Kofferraumangebot führt zu einer erweiterten Nutzungsmöglichkeit durch X, welches jedoch ein Alleinstehender ohne Kinder kaum benutzen würde.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.02.2020, 9 K 104/19