Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Die Verkabelung und Zuwegung stellen zwar eigenständige Wirtschaftsgüter dar, die Nutzungsdauer entspricht jedoch derjenigen, die für die Windkraftanlage anzusetzen ist.
Sachverhalt
Die Klägerin ließ vier Windkraftanlagen für ca. 12,5 Mio EUR herstellen. Darin enthalten waren die Kosten für Zuwegung von 170.000 EUR und 450.000 EUR für die Verkabelung zum Anschluss an das Stromnetz. Die Klägerin behandelte die Anlage einschließlich der Nebenkosten als einheitliches Wirtschaftsgut und legte eine Nutzungsdauer von 16 Jahren fest.
Nach einer Betriebsprüfung behandelte das Finanzamt die Verkabelung und die Zuwegungen als eigenständige Wirtschaftsgüter und schrieb diese abweichend auf 19 Jahre (Zuwegungen) bzw. 25 Jahre (Verkabelung) ab. Mit der Klage wurde vorgetragen, dass die Zuwegung und die Verkabelung als unselbstständige Bestandteile der Windkraftanlage einheitlich mit diesen abzuschreiben seien. Die Verkabelung einer Windkraftanlage sei auf diese einzelne Windkraftanlage zugeschnitten und sorge dafür, dass die Windkraftanlage überhaupt erst betriebsbereit würde. Sie habe keine eigenständige Nutzungsmöglichkeit und könne auch nicht von anderen Kraftwerken oder ähnlichem genutzt werden. Die Zuwegung sei ebenfalls Bestandteil der Windkraftanlage. Der Weg würde nur von dem Betreiber der Windkraftanlage zum Aufstellen und zur Unterhaltung und Wartung dieser Windkraftanlage genutzt. Er habe keine eigene weitere Funktionsmöglichkeit und sei spezifisch auf seine Windkraftanlage ausgelegt. Hilfsweise wurde der Ansatz einer Nutzungsdauer von 16 Jahren beantragt.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Windkraftanlage, die Zuwegungen und die Verkabelung als eigenständige Wirtschaftsgüter anzusehen seien, deren Nutzungsdauer der AfA Tabelle entspricht sei. Eine kürzere Nutzungsdauer käme nicht in Betracht.
Entscheidung
Die Windkraftanlage, die Verkabelung und die Zuwegung sind eigenständige Wirtschaftsgüter. Sie erscheinen unabhängig voneinander weder unvollständig noch erhalten sie ohne einander ein negatives Gepräge. Die Wirtschaftsgüter sind zwar miteinander verbunden und können auch ohne einander nicht eigenständig genutzt werden. Das steht jedoch ihrer selbstständigen Bewertbarkeit nicht entgegen. Für diese Sichtweise spricht auch, dass die Kosten für den Weg und die Verkabelung nicht einheitlich in Auftrag gegeben wurden. Jedoch ist die Nutzungsdauer der Zuwegung und der Verkabelung der Nutzungsdauer der WKA anzupassen. Ohne die Windkraftanlagen sind sowohl die Verkabelung als auch die Zuwegung nutzlos und müssten entsorgt werden. Beides ist genau auf die Windkraftanlage zugeschnitten, so dass die Abschreibungsdauer ebenfalls mit 16 Jahren anzusetzen ist.
Hinweis
Die hier getroffene Entscheidung kann durchaus über den Einzelfall hinaus Wirkung entfalten. In jedem Fall, in dem speziell zugeschnittene Wirtschaftsgüter angeschafft werden, die im Zusammenhang mit einem anderen genutzt werden, kann eine gleiche Nutzungsdauer angesetzt werden. Zu beachten ist allerdings, dass das Niedersächsische FG mit Urteil v. 16.9.2009 (2 K 495/05 und 2 K 496/05) eine andere Auffassung vertritt. Eine einheitliche Rechtsprechung sollte angestrebt werden.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 30.09.2009, 2 K 134/08