5.1 Intuitive versus erklärungsbedürftige Darstellungsformen
Neben den Vorteilen aus der Wissensbilanz gibt es noch einige Herausforderungen. So sind etwa die Darstellungsformen aber auch die immer wieder diskutierten Kennzahlen zum Intellektuellen Kapital noch teilweise erklärungsbedürftig.
Individuelle und relative Bewertungen sind schwieriger zu interpretieren als standardisierte
Bei der "Wissensbilanz – made in Germany" wird die Unternehmensstrategie zum zentralen Bewertungsmaßstab. Da die Strategie die Unternehmen differenziert, sind konsequenterweise auch die Bewertungen differenziert zu interpretieren. Die Absolutniveaus sind nur sehr selten sinnvoll zu vergleichen, da der Fokus auf den relativen Abständen der Faktoren zueinander und den daraus ableitbaren Prioritäten zur Entwicklung liegt. Die optimale Anzahl von Mitarbeitern etwa hängt von mehreren Faktoren ab: Effizienzkriterien auf der einen Seite stehen Wachstums- und Entwicklungsoptionen auf der anderen Seite gegenüber. Die schwierige Abwägung des Status quo erfolgt im Prozess der Bewertung und zeigt dann dem Leser ein einfaches Bild: Das Intervall zwischen 90 und 100 ist "exzellent" – je weiter der Abstand zu diesem Intervall, desto ungünstiger.
Aber auch die Bewertungsdimensionen stellen hohe Anforderungen an den Leser. Quantität und Qualität eines Faktors zielen eher auf die Gegenwart, während die Systematik der Entwicklung eher in die Zukunft geht (vgl. Abb. 1). Für die richtige Interpretation ist daher der Zeitbezug zentral und kann zusätzliche Informationen liefern. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass noch bessere Darstellungsformen gefunden werden.
5.2 Kennzahlen zur Unterstützung von Aussagen
Kennzahlen ohne Erklärung der Grenzwerte sind schwer zu interpretieren
Von zahlreichen Autoren werden Kennzahlensysteme begründet und auch, zumindest teilweise, erfolgreich umgesetzt. Der entscheidende Schritt bei der Verwendung von Kennzahlen zur Qualitätssicherung von Aussagen aus der subjektiven Selbstbewertung ist aber, einige zum Teil anspruchsvolle Fragen zu beantworten:
- Was wollen wir erreichen (Zieldefinition)?
- Was beeinflusst die Zielerreichung (Erfassung der Einflussfaktoren)?
- Wovon hängt die Zielerreichung außerdem noch ab (Erfassung von Abhängigkeiten und Relationen)?
- Können wir diese Zusammenhänge sinnvoll messen?
- Ist das, was wir messen, auch das, was wir messen wollten?
- Wie sind die Messwerte zu interpretieren?
Die Beantwortung ist individuell und kontextabhängig. Eine pauschale Übertragung von Aussagen ist meistens schwer möglich. Ein letztes Kriterium ist daher: Selbst wenn ich eine Kennzahl definiert habe und auch ihren aktuellen Wert kenne, kann ich reagieren und mit der Aussage produktive Veränderungen auslösen?
Für die klassischen Fragen zur Rentabilität des Finanzkapitals wurden über viele Dekaden Kennzahlensysteme entwickelt und teilweise aufwendig implementiert. ROI-Schemata sind inzwischen etabliert. Das gilt nicht für Kennzahlen zum Intellektuellen Kapital.
Die Anforderung, eine einfache Aktivität wie etwa "Wissenstransfer" in einem System umfassend zu messen, ist aktuell noch nicht gelöst. Ein Verweis auf die lange Diskussion im Bildungswesen soll hier genügen. Für spezifische Fragen im konkreten betrieblichen Kontext lassen sich allerdings meistens sehr leicht Antworten finden. Sie sind aber eben nicht allgemeingültig oder standardisiert. Insgesamt besteht noch Bedarf, weitere Ansätze für passende Kennzahlen zu entwickeln.