Zusammenfassung
- Immer mehr Unternehmen haben auf Grund von Materialknappheit, Lieferengpässen und Preissteigerungen Probleme, Kundenaufträge fristgerecht zu bearbeiten.
- Trotz voller Auftragsbücher gibt es Firmen, die auf Grund der Probleme Umsatzverluste hinnehmen müssen und Kurzarbeit angemeldet haben.
- Zumindest auf Sicht von ein bis zwei Jahren ist es wahrscheinlich, dass die Schwierigkeiten anhalten werden. Ob es dann besser wird, ist unklar.
- Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob etablierte Strategien im Working-Capital-Management beibehalten werden sollen.
- Der Beitrag erläutert die Problematik, zeigt zu prüfende Alternativen auf und gibt Tipps und Anregungen für zumindest vorübergehende Strategieanpassungen.
1 Bedeutung des Working-Capital-Management im Unternehmen
Anlage- und Umlaufvermögen binden Kapital und müssen finanziert werden. Je höher die Kapitalbindung, desto mehr Eigen- und Fremdkapital wird benötigt und desto weniger Mittel stehen für z. B. Investitionen oder Produktentwicklung zur Verfügung.
Dabei spielt in vielen Betrieben aus Produktion, Handwerk und Handel das Umlaufvermögen eine wesentliche Rolle. Denn es kann in den meisten Fällen kurzfristiger beeinflusst werden als das Anlagevermögen. Gelingt es, das Umlaufvermögen, v.a. Vorräte, Forderungen sowie ggf. Anzahlungen, zu reduzieren, wird Kapital freigesetzt bzw. es wird weniger Kapital für die Finanzierung benötigt. Jeder Euro weniger Kapitalbindung verbessert Gewinn und Liquidität. Außerdem werden die Risiken von z. B. Schwund, Diebstahl oder Überalterung reduziert und die Kosten für Versicherungen und Lager fallen geringer aus.
Beim Working-Capital spielen auch die Kreditoren eine Rolle. Gewähren sie lange Zahlungsziele, ist das für die Finanzierung günstig, da ein Unternehmer Kapital "kostenlos" für die Finanzierung erhält. Denn für diesen Zeitraum müssen bei Lieferantenkrediten keine (Bank-)Zinsen gezahlt oder Eigenmittel bereitgestellt werden. Gelingt es, mit Lieferanten lange Zahlungsziele zu vereinbaren, entlastet das die Finanzierung. Gewähren Lieferanten Skonto, ist es allerdings fast immer günstiger, die Rechnung innerhalb der Skontofrist zu zahlen. Das lohnt sich häufig auch, wenn man für die Begleichung des durch den um Skonto reduzierten Rechnungsbetrag einen Kredit aufnehmen muss.
Ersparnis durch Skonto
Ein Unternehmen muss eine Rechnung von 10.000 Euro zahlen. Konditionen: 30 Tage Zahlungsziel oder 7 Tage, 2 % Skonto. Kontokorrentzinsen 12 %. Der Betrieb begleicht die Rechnung nach Abzug von Skonto in Höhe von 9.800 Euro, spart also 200 Euro. Der Rechnungsbetrag von 9.800 Euro wird mit Kredit finanziert; für die Vorfinanzierung von 23 Tagen fallen 75,13 Euro Zinsen an. Damit verbleibt trotzdem eine Ersparnis von knapp 125 Euro.
Was verstehen wir unter Working Capital
Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Working-Capital zu bilden. Häufig werden z. B. auch Forderungen gegen verbundene Unternehmen, Rückstellungen oder sonstige (kurzfristige) Verbindlichkeiten einbezogen. Im Folgenden werden lediglich Vorräte, Forderungen (gegenüber Kunden), Kreditoren und Anzahlungen (erhaltene und geleistete) betrachtet, da hier regelmäßig die größte Kapitalbindung stattfindet und diese Größen durch das tägliche operative Geschäft beeinflusst werden.
2 Probleme in Beschaffung und Logistik machen Überprüfung und Anpassung bisheriger Vorgehensweisen notwendig
Bisher haben viele Unternehmen daher versucht, den Lagerbestand soweit es geht zu senken, mit Lieferanten hart um günstige Zahlungsbedingungen zu verhandeln und mit eigenen Kunden kurze Zahlungsziele zu vereinbaren und sie bei Verzug konsequent zu mahnen. Im Beschaffungsbereich sind häufig Strategien wie Just-in-Time oder fertigungssynchrone Lieferung umgesetzt worden. In der Logistik wurde darauf gesetzt, dass es stets gelingt, kurzfristig günstige Transportkapazitäten einzukaufen. Es wurden weder ein eigener Fuhrpark aufgebaut, noch – meist etwas teurere – langfristige Verträge mit Spediteuren geschlossen.
2.1 Veränderungen an den Märkten machen Überprüfung von Strategien erforderlich
Materialengpässe, Preissteigerungen und lange Lieferzeiten können dazu führen, dass Unternehmen, die weiter konsequent die beschriebenen Strategien verfolgen, in der Summe erhebliche Nachteile erleiden können. Selbst wenn es gelingen sollte, die Bestände niedrig zu halten, ist das Risiko groß, dass zumindest ein Teil der monetären Vorteile durch kurzfristig stattfindende Preissteigerungen wieder aufgezehrt wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in der aktuellen Lage immer gelingt, alle benötigten Stoffe kurzfristig zu den Zeitpunkten zu beschaffen, zu denen sie benötigt werden, ist also gering. Zudem kommt es immer wieder vor, dass Lieferanten trotz fester Zusagen Stoffe oder Komponenten an andere Unternehmen verkaufen, wenn diese höhere Preise zahlen. Kommt es in Folge der dargestellten Probleme dazu, dass man Kundenaufträge nicht mehr erledigen kann, drohen u. a: Umsatzausfälle, Liquiditätsprobleme und Imageverluste, wenn sich herumspricht, dass man nicht liefern kann. Und oft werden mögliche Einsparungen im Bereich Lagerhaltung durch höhere Kosten bei der kurzfristigen Beschaffung und mögliche Umsatzausfälle übertroffen.
2.2 Folgen mit Excel-Tool analysieren
Dah...