Leitsatz

Leitsatz Zahlungen des Beschenkten gem. § 2329 Abs. 2 BGB zur Abwendung des Herausgabeanspruchs eines Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 Abs. 1 BGB führen nicht gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zum Erlöschen der Erbschaftsteuer; sie sind jedoch gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 ErbStG bei der Besteuerung der Schenkung erwerbsmindernd zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 2329 Abs. 1 und 2 BGB , § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG , § 29 Abs. 1 und 2 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Erblasser hatte dem Kläger, den er zum Alleinerben eingesetzt hatte, noch zu Lebzeiten eine Eigentumswohnung geschenkt. Nach dem Tod des Erblassers verlangte dessen Tochter vom Kläger einen Pflichtteil, der nach dem im Nachlass befindlichen Aktivvermögen berechnet war, sowie eine Pflichtteilsergänzung wegen der Schenkung der Wohnung. Der Kläger zahlte daraufhin zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Erbfall einen bestimmten Geldbetrag.

Als das FA sodann für die Schenkung der Eigentumswohnung die Schenkungsteuer festsetzte, machte der Kläger dagegen geltend, er sei wegen dieser Schenkung auf Ergänzung des Pflichtteils in Anspruch genommen worden. Daher sei die Schenkungsteuer nach § 29 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ErbStG erloschen. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem FG darin, dass

a) der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB, der sich gegen den Erben richtet, bei der Besteuerung der Schenkung nicht zu berücksichtigen ist. Er kann nur bei der Besteuerung des nachfolgenden Erwerbs von Todes wegen abgezogen werden.

b) die Schenkungsteuer nicht nach § 29 Abs. 1 Nr.1 ErbStG erloschen ist. Der Kläger hat die Eigentumswohnung nicht herausgegeben, sondern nach wie vor inne.

c) die Schenkungsteuer nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erloschen ist. Eine Verarmung des Schenkers hat nicht vorgelegen; für eine analoge Anwendung der Nr. 2 auf die Fälle des § 2329 Abs. 2 BGB besteht kein Bedürfnis.

Das FG habe es aber unterlassen festzustellen, ob und in welcher Höhe der vom Kläger an die Pflichtteilsberechtigte gezahlte Geldbetrag auf einen

a) ihn als Erben treffenden Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch nach den §§ 2303, 2325 BGB oder

b) ihn als Beschenkten treffenden Anspruch nach § 2329 BGB entrichtet worden ist.

Dasjenige, was der Kläger als Beschenkter zur Abwendung einer Herausgabe nach § 2329 Abs. 1 und 2 BGB gezahlt hat, kann er nämlich nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG von dem schenkweisen Erwerb abziehen. Zum Nachholen der fehlenden Feststellungen wurde die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

Wird ein Beschenkter nach Ausführung der Zuwendung auch zum Erben des Schenkers und macht jemand gegen ihn zu Recht Ansprüche aus einem Pflichtteilsrecht geltend, ist zu unterscheiden, ob sich die Ansprüche gegen ihn als Erben oder als Beschenkten richten. Davon hängt ab, ob die den Ansprüchen entsprechenden Verpflichtungen bei der Besteuerung des Erwerbs von Todes wegen oder der Zuwendung abzuziehen sind.

Der Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB sowie der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB richten sich gegen den Erben und gehen auf Geld. Der Anspruch aus § 2329 BGB richtet sich dagegen gegen den Beschenkten und geht zunächst auf die Herausgabe des Geschenks zum Zweck der Befriedigung; die Herausgabe kann aber durch Zahlung eines Geldbetrags abgewendet werden. Einigen sich der Beschenkte/Erbe und der Pflichtteilsberechtigte zur Abgeltung aller Ansprüche auf Zahlung eines einheitlichen Geldbetrags, muss dieser ggf. zum Zweck der Zuordnung der entsprechenden Verpflichtung(en) zum Erwerb von Todes wegen oder zur Schenkung aufgeteilt werden. Diese Notwendigkeit besteht dann, wenn der Beschenkte als Erbe nach § 2328 BGB nicht verpflichtet ist, den Pflichtteilsergänzungsanspruch in voller Höhe zu erfüllen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.10.2003, II R 46/01

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