Leitsatz
Außergewöhnliche Belastungen sind im Jahr der Verausgabung abzugsfähig. Das gilt auch bei der Aufnahme eines Darlehens; die Darlehensrückzahlung führt nicht zum Abzug. Die Rückzahlung von Schulden nach einer Arbeitslosigkeit stellt keine außergewöhnliche Belastung dar.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige erhielt im Jahre 1998 vom Arbeitsamt zur Förderung beruflicher Fortbildung und Umschulung gemäß § 44 Abs. 2 a des Arbeitsförderungsgesetzes ein rückzahlbares Darlehen. Damit nahm er an einer einjährigen Ganztagsschulung für die Qualifikation zum Kommunikationsprogrammierer teil. Er war damals fast ein Jahr arbeitslos gewesen. Nach erfolgreichem Abschluss fand er eine Arbeitsstelle als Anwendungsentwickler, aus der er nunmehr nichtselbständige Einkünfte erzielt. In Höhe des Darlehens und der Darlehensnebenkosten von zusammen 7.118 EUR machte der Steuerpflichtige eine außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung des Darlehens ab.
Entscheidung
Das FG München lehnte es ebenfalls ab, die Tilgungszahlungen als Werbungskosten und auch als außergewöhnliche Belastung abzuziehen. Unter dem Gesichtspunkt der Abschnittsbesteuerung erfolge die zeitliche Zuordnung abziehbarer Aufwendungen entsprechend § 11 Abs. 2 EStG nach dem Zeitpunkt der tatsächlichen Verausgabung. Dies gelte auch, wenn die Aufwendungen aus einem Darlehen bestritten werden. Die Darlehensrückzahlung führe nicht zu einer zeitlichen Verlagerung der außergewöhnlichen Belastung in einen späteren Veranlagungszeitraum. So werde auch bei kreditfinanzierten Krankheitskosten verfahren; sie stellten eine außergewöhnliche Belastung im Zeitpunkt ihrer Verausgabung und nicht erst bei Darlehenstilgung dar.
Andererseits gebe es Rechtsprechung, wonach ausnahmsweise Tilgungszahlungen auf Schulden, die in Zeiten längerer Arbeitslosigkeit durch Kreditaufnahmen zum Zwecke der Lebensführung begründet wurden, als außergewöhnliche Belastungen für möglich gehalten werden. Ohne auf deren Zwangsläufigkeit einzugehen, hielt der BFH eine Arbeitslosigkeit von 8 Monaten jedenfalls für zu kurz. Das FG München schließt sich dieser Auffassung allerdings nicht an, denn es müsse dann die Ursächlichkeit der Arbeitslosigkeit geprüft werden. Gründe für eine Arbeitslosigkeit könnten in persönlichen Eigenschaften des Arbeitswilligen liegen, die potentielle Arbeitgeber von einer Anstellung abhalten, oder auf persönliche Entscheidungen beruhen, die den Arbeitswilligen hindern, etwa in einer anderen Region nach Arbeit zu suchen oder bestimmte Arbeiten anzunehmen, etwa gering bezahlte, mit bestimmten Berufsrisiken behaftete oder solche, die nicht der eigenen Ausbildung oder dem bisherigen beruflichen Status entsprechen. Des Weiteren könnten Krankheit oder Behinderung, aber auch fehlende oder zu gering oder zu stark ausgeprägte körperliche oder geistige Fähigkeiten die Aufnahme bestimmter Tätigkeiten ausschließen. Schließlich hinderten fehlende Befähigungs- bzw. Ausbildungsnachweise die Anstellung für entsprechende Tätigkeiten. Letztlich entscheiden dieselben Ursachen im persönlichen Lebensweg eines jeden darüber, wie er seine existenziellen Bedürfnisse befriedigt oder befriedigen kann, ob er beruflichen Erfolg hat oder wie und in welcher Höhe er Geld zu verdienen in der Lage ist, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Es überfordere den Tatrichter in diesem komplexen Gemenge von Ursachen eine Zwangsläufigkeit im Sinne des § 33 EStG zu erkennen. Schließlich dürfe die bloße Tatsache der Arbeitslosigkeit nicht zu einer Umqualifizierung von gewöhnlichen Lebenshaltungskosten in außergewöhnliche Belastungen führen. Eine außergewöhnliche Situation könne vielmehr nur ohne Einfluss des Steuerpflichtigen wie bei Krankheit oder Katastrophen eintreten.
Hinweis
Das FG München weist in seinem Urteil noch auf Folgendes hin: Soweit anlässlich einer Umschulungsmaßnahme Fortbildungskosten geltend gemacht werden, sei zu beachten, dass einzelne der beantragten Werbungskosten oder Sonderausgaben schon wegen einer Erstattung durch das Arbeitsamt steuerlich außer Ansatz bleiben müssten. Handelt es sich um eine Berufsausbildung, sei zu bedenken, dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht zwangsläufig erwachsen und damit nicht als außergewöhnliche Belastung anfallen. Die Rückzahlung an das Arbeitsamt könne auch nicht als negative Einnahme behandelt werden, da der ursprüngliche Zufluss steuerfrei geschehen sei. Die Revision wurde zwar zugelassen, doch das Urteil ist rechtskräftig geworden. Damit entfällt die Möglichkeit, dass der BFH über Tilgungszahlungen als außergewöhnliche Belastung bei vorangegangener Arbeitslosigkeit entscheiden kann.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 25.09.2007, 1 K 2892/05