OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 8.1.2015, S 4539 - 2015/0001
Durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer vom 18.12.2014 (Gesetz- und Verordnungsblatt NRW, GV.NRW vom 30.12.2014) wurde der Grunderwerbsteuersatz in NRW von 5% auf 6,5% erhöht (vgl. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes). Diese Erhöhung gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.2014 verwirklicht werden (Art. 1 Nr. 2 des o.g. Gesetzes).
Soweit noch Rechtsvorgänge zu beurteilen sind, die die Steuersatzerhöhung zum 1.10.2011 betreffen (GV.NRW 2011 S. 389), sind die nachstehenden Ausführungen entsprechend anzuwenden.
Zur Erleichterung der Entscheidung, wann ein Erwerbsvorgang verwirklicht worden ist, wird auf die nachstehenden Ausführungen und die Anlage verwiesen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es immer auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt, die hier nicht alle abgebildet werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) ist ein grunderwerbsteuerlicher Erwerbsvorgang verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Vertragspartner im Verhältnis zueinander gebunden sind, und zwar unabhängig davon, ob dieser verwirklichte Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Steuer auslöst oder nicht (BFH-Urteile vom 17.9.1986, II R 136/84, BStBl 1987 II S. 35; vom 20.12.1989, II R 31/88, BStBl 1990 II S. 234; vom 25.11.1992, II R 67/89, BStBl 1993 II S. 308; vom 18.5.1999, II R 16/98, BStBl 1999 II S. 606; vom 8.2.2000, II R 51/98, BStBl 2000 II S. 318; vom 22.4.2004, II R 45/02, BFH/NV 2005 S. 1137 und vom 29.9.2005, II R 23/04, BStBl 2006 II S. 137).
Zeitliche Rückbeziehungen nach dem Zivilrecht (vgl. § 184 BGB und § 17 Abs. 2 UmwG) wie Steuerrecht (vgl. § 2 Abs. 1 UmwStG i.V.m. § 17 Abs. 2 UmwG) bleiben für Zwecke der Grunderwerbsteuer unberücksichtigt.
Auch der Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten, der Zahlung des Kaufpreises und der Eintragung in Grundbuch haben keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des grunderwerbsteuerlichen Tatbestandes.
1. Bedingte bzw. genehmigungsbedürftige Erwerbsvorgänge i.S. von § 14 GrEStG
Aufschiebend bedingte (§ 14 Nr. 1 GrEStG) oder genehmigungsbedürftige (§ 14 Nr. 2 GrEStG) Rechtsgeschäfte sind grundsätzlich bereits mit Abschluss des jeweiligen Vertrages und damit bereits vor Eintritt der Bedingung bzw. vor Erteilung der Genehmigung verwirklicht, da das bedingte bzw. genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft bereits mit Abschluss des Vertrages vollendet und voll gültig ist und sich nur die Rechtswirkungen des Vertrages bis zum Eintritt der Bedingung oder der Erteilung der Genehmigung in der Schwebe befinden. Hiervon ist bspw. die Genehmigung
- des Grundstückseigentümers (Erbbauverpflichteten) bei der Veräußerung des Erbbaurechtes durch den Erbbauberechtigten (§§ 5, 6 ErbbauRG);
- der anderen Wohnungseigentümer oder eines Dritten (bspw. des Hausverwalters) bei der Veräußerung einer Eigentumswohnung bzw. Teileigentumseinheit (§ 12 WEG);
- bei der Veräußerung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken (§ 2 GrdstVG);
- des Bundeskartellamtes aus Wettbewerbsgründen;
betroffen, d.h. nur der Zeitpunkt der Steuerentstehung wird für den im Übrigen verwirklichten Erwerbsvorgang i.S. von § 1 GrEStG bis zur Erteilung der Genehmigung bzw. Eintritt der Bedingung gem. § 14 GrEStG hinausgeschoben.
Dies gilt aber nur, soweit die Bedingung bzw. Genehmigung nicht die Willenserklärung eines Vertragsteils betrifft. Im letzteren Fall wird der Tatbestand erst dann verwirklicht, wenn die bisher aufschiebend bedingte bzw. genehmigungsbedürftige Willenserklärung zivilrechtlich gültig wird. Hierzu zählen z.B.
2. Aufschiebend bedingte und nachträglich vereinbarte Gegenleistung
a) Aufschiebend bedingte Gegenleistung
Ist das Rechtsgeschäft als solches wirksam, beinhaltet dieses aber eine aufschiebend bedingte Gegenleistung, so gelten die Ausführungen zu 1. entsprechend, d.h. bei Eintritt der Bedingung ist grundsätzlich der Steuersatz maßgebend, der im Zeitpunkt der Verwirklichung der Vereinbarung zur Gegenleistung maßgebend war.
Für die Festsetzung/Feststellung der aufschiebend bedingten Gegenleistung ergeht ein eigenständiger Bescheid
b) Nachträglich vereinbarte Gegenleistung
Bei einer nachträglich vereinbarten Gegenleistung i.S. von § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, wird im Zeitpunkt der nachträglichen Erhöhung der Gegenleistung ein eigenständiger (neuer) Erwerbsvorgang verwirklicht (vgl. Erlass des FinMin Nordrhein-Westfalen vom 1.4.1997, S 4521 – 3 – V A 2 sowie BFH-Urteile vom 22.11.1995, II R 26/92, BStBl 1996 II S. 162 und vom 26.4.2006, II R 3/05, BStBl 2006 II S. 604).
Bei weiteren Zweifelsfragen und Problemen zum Zeitpunkt der Verwirklichung eines grunderw...