Leitsatz
Die Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG setzt ebenso wie § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG eine Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung voraus. Hieran fehlt es bei einer Vermietung in einem "Bordell".
Normenkette
§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a und Satz 2, § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG 2005, Art. 135 Abs. 1 Buchst. l, Abs. 2 Buchst. a, Art. 98, Anhang III Nr. 12 MwStSystRL
Sachverhalt
Die Klägerin vermietete in einem von ihr betriebenen Eros-Center sog. "Erotikzimmer", die mit Doppelbett, Waschbecken, WC, Bidet, Whirlpool und Spiegeln ausgestattet waren, tage- und wochenweise an Prostituierte. Sie stellte dabei auch Bettwäsche und Handtücher zur Verfügung. Die Flure zu den Zimmern wurden videoüberwacht. Zudem nahm die Klägerin als Bordellbetreiberin am sog. "Düsseldorfer Verfahren" teil, in dem sie je Anwesenheitstag der Prostituierten einen Tagessatz einbehielt und diesen monatsweise als besonderen Vorauszahlungsbetrag auf die Einkommen- und Umsatzsteuer der Prostituierten an das zuständige Finanzamt abführte. Sie hatte auf die Steuerfreiheit der Vermietung nach § 9 UStG verzichtet. Sie begehrte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Hotelumsätze, was das FA ablehnte. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz des FG Düsseldorf, Urteil vom 1.6.2012, 1 K 2816/10 U. Der Regelsteuersatz sei anzuwenden, da es an der für § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG erforderlichen Beherbergung fehle.
Hinweis
1. Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken kann nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei, gem. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig und im Fall der Steuerpflicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ermäßigt zu besteuern sein.
2. Bei der Steuerpflicht nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand zu § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Daher ist z.B. die Vermietung möblierter Wohn- und Schlafräume, die der Unternehmer nicht zur kurzfristigen, sondern zur langfristigen Beherbergung bereithält, nicht steuerpflichtig, sondern im Hinblick auf das Zeitelement nach dem Grundtatbestand des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei.
3. In Bezug auf die Steuerpflicht und den ermäßigten Steuersatz für die "die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält", verwenden § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG und § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG denselben Wortlaut. Beiden Vorschriften kommt im Hinblick auf diese Wortlautidentität derselbe Anwendungsbereich zu. Steuerpflicht und Steuersatzermäßigung erfordern somit gleichermaßen eine Vermietung von zur Beherbergung bereitgehaltenen Räumen. Hieran fehlt es bei einer Vermietung für die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten. Abzustellen ist dabei auf die Verwendung durch den Mieter. Da Prostitution als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist, wird die Vermietung an Prostituierte zur Ausübung gewerblicher Tätigkeiten nicht von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG erfasst und kann daher auch nicht gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ermäßigt besteuert werden.
4. Folge dieser Betrachtungsweise ist auch, dass die Vermietung von Räumen in einem Bordell an Prostituierte mangels Anwendbarkeit von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG gem. dem Grundtatbestand des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Somit kann in einem Bordell steuerfrei vermietet werden. Die Steuerpflicht der Vermietung ergibt sich erst aus einem Verzicht nach § 9 UStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.8.2013 – V R 18/12