Leitsatz
Nach der Entscheidung des FG Düsseldorf sind Erträge aus einer Lebensversicherung entgegen der Verwaltungsauffassung auch dann noch steuerfrei, wenn die Versicherung zur Absicherung eines Darlehens dient, das erst mit zweimonatiger Verzögerung zur Begleichung von Herstellungskosten verwendet wird. Auch eine zwischenzeitliche Festgeldanlage der Darlehensmittel ist insoweit unschädlich.
Sachverhalt
Ein Bauherr hatte einen Darlehensvertrag zur Finanzierung eines Hausbaus abgeschlossen. Das Darlehen wurde entsprechend dem Auszahlungsplan nach Bauabschnitten auf ein gesondertes Baukonto überwiesen. Zur Sicherung und Tilgung dieses Darlehens hatte der Bauherr seine Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag an die Darlehensgeberin abgetreten. Durch Verzögerungen bei der Erstellung und Prüfung von Handwerkerrechnungen entstand auf dem Baukonto kurzfristig ein Guthaben, das der Bauherr vorübergehend auf einem Festgeldkonto anlegte. Für einen Zeitraum von zwei Monaten stammte dieses Geld aus dem durch die Lebensversicherung abgesicherten Darlehen. Das Finanzamt sah hierin eine schädliche Verwendung der Lebensversicherung, weil die unmittelbare und ausschließliche Verwendung der Darlehensmittel zur Finanzierung von Herstellungskosten nicht mehr gegeben sein sollte. Dem widersprach nun das FG.
Entscheidung
Die Steuerfreiheit für Erträge aus einer Lebensversicherung entfällt u.a. dann, wenn die Lebensversicherung während der Laufzeit zur Sicherung eines Darlehens dient, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Dies gilt mit weiteren Voraussetzungen dann nicht, wenn die Darlehensmittel unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Das FG sieht diesen unmittelbaren und ausschließlichen Zusammenhang auch dann noch als gewahrt an, wenn die ausgezahlten Darlehensmittel zunächst auf Festgeldkonten angelegt und erst nach zwei Monaten zur Begleichung von Handwerkerrechnung verwendet wird.
Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Darlehensauszahlung und Verwendung zu Herstellungskosten sei insbesondere deshalb noch gewahrt, weil die Darlehensmittel ohne Umweg über die Anschaffung anderer Wirtschaftsgüter oder ohne vorherige Verwendung für Umschuldungen unmittelbar für die Herstellungskosten verbraucht wurden. Auch die zweimonatige Verzögerung steht der unmittelbaren Verwendung nicht entgegen, wenn - wie im Streitfall - die Verzögerung nur von kurzer Dauer und lediglich dadurch bedingt ist, dass Rechnungen zu spät erstellt werden oder Werkleistungen noch nachgebessert werden müssen. Die von der Finanzverwaltung vorgenommene zeitliche Beschränkung des Wortes "unmittelbar" auf einen Zeitraum von 30 Tagen sei weder dem Gesetzeswortlaut, noch dem Gesetzeszweck zu entnehmen. Auch die Verzinsung eines Teils des Darlehens über einen Zeitraum von zwei Monaten auf einem Unterkonto zum Baukonto stehe dem nicht entgegen.
Zum Zeitrahmen verweist das FG auf die von der Finanzverwaltung selbst geschaffene Regelung zu sog. Vorschaltdarlehen hin. Dabei werden die Aufwendungen zur Herstellung eines Gebäudes zunächst von einem Baukonto des Steuerpflichtigen bezahlt und erst im Anschluss daran durch ein policengesichertes Darlehen zur Endfinanzierung abgelöst. Dies ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht steuerschädlich, wenn das Darlehen innerhalb von drei Monaten nach Fertigstellung des Gebäudes aufgenommen wird. Es erscheint nach Auffassung des FG nicht sachgerecht, bezüglich der Verwendung der Darlehensmittel in beiden Fällen zu differenzieren, so dass wohl auch eine zwischenzeitliche Anlage der ausgezahlten Darlehensmittel für einen Zeitraum bis zu drei Monaten unschädlich sein dürfte.
Hinweis
Das FG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Letztlich wird also noch zu klären sein, ob die von der Finanzverwaltung vorgenommene strenge Auslegung des Begriffpaars "unmittelbar und ausschließlich" Bestand hat. Die Begründung des FG erscheint zumindest überzeugend. In betroffenen Einzelfällen ist es deshalb ratsam, gegen entsprechende Feststellungsbescheide der Finanzverwaltung wegen angeblich schädlicher Verwendung der Lebensversicherungsansprüche Einspruch einzulegen.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2003, 7 K 5670/01 F