In jüngster Vergangenheit äußerte die Steuergerichtsbarkeit vermehrt Zweifel hinsichtlich der Frage, inwieweit die Regelungen zur Zinsschranke im Einklang mit dem Grundgesetz stehen. So nahm der BFH zunächst in einem summarischen AdV-Beschluss v. 18.12.2013 Stellung und sah es als erwiesen an, dass gewichtige Gründe für eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung sprechen (allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG).
Konkret stelle der nur noch eingeschränkt mögliche Zinsabzug im Rahmen der Zinsschranke einen Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung der nach der finanziellen Leistungsfähigkeit in Gestalt des objektiven Nettoprinzips dar, welcher nur schwer zu rechtfertigen sei. In der Begründung wird u. a. darauf verwiesen, dass die Zinsschranke nicht alle Steuerpflichtigen gleichmäßig belaste und zudem nicht zur Vermeidung unkalkulierbarer Steuerausfälle (sog. qualifizierter Fiskalzweck) geboten gewesen wäre. Im Übrigen sei auch eine Rechtfertigung durch den Zweck der Missbrauchsabwehr zweifelhaft, nachdem die Zinsschranke gerade auch typische Finanzierungsgestaltungen erfasse.
Die Finanzverwaltung belegte den Beschluss des BFH mit einem Nichtanwendungserlass, wobei argumentiert wurde, dass die Zinsschranke ohnehin veranlagungszeitraumübergreifend konzipiert sei und aufgrund der gegebenen Vortragsmöglichkeit nicht abzugsfähiger Zinsaufwendungen lediglich zu einer temporären Nichtabzugsfähigkeit führe (zeitlich gestreckter Zinsabzug).
In ähnlicher Weise haben die Finanzgerichte einen Verfassungsverstoß der Zinsschranke bislang überwiegend abgelehnt.
Mit Spannung erwartet wurde daher die Revisionsentscheidung des BFH zum Urteil des FG München, wo der BFH erstmals im Hauptverfahren über die Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke zu urteilen hatte. Im Ergebnis stellte der BFH die Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke fest, setzte das Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG aus und legte dem BVerfG die streitgegenständliche Rechtsfrage zur Entscheidung im Wege einer konkreten Normenkontrolle vor.
In der Begründung sieht der BFH in der Zinsschranke eine nicht folgerichtige Durchbrechung des allgemeinen Gleichheitssatzes in Gestalt des objektiven Nettoprinzips. Entgegen der Verwaltungsmeinung gelte dies trotz der bestehenden Vortragsmöglichkeit, nachdem dem Steuerpflichtigen – ungeachtet dessen, dass der Zinsvortrag aufgrund eines Gesellschafterwechsels in Einzelfällen gänzlich wegfallen kann – infolge der zeitlich gestreckten Zinsnutzung jedenfalls Liquidität entzogen würde. Eine Rechtfertigung des Gleichheitsverstoßes durch den Lenkungszweck, die Eigenkapitalbasis unternehmerischer Tätigkeit zu stärken, komme vorliegend nicht in Betracht, denn tatsächlich sei der Großteil der Betriebe in der Praxis aus dem Anwendungsbereich der Zinsschranke ausgenommen. Vor dem Hintergrund, dass die Zinsschranke auch auf reine Inlandsfälle Anwendung findet, könne gleichermaßen nicht angeführt werden, die Zinsschranke diene dem Lenkungszweck der Sicherung des inländischen Steuersubstrats. In Anknüpfung an seine Rechtsprechung vom 18.12.2013 führte der BFH schließlich an, dass weder der sog. qualifizierte Fiskalzweck, noch das Ziel der Missbrauchsabwehr als Rechtfertigung in Betracht kämen.
Weiteren Auftrieb dürfte die vorstehend beschriebene verfassungsrechtliche Kritik infolge der unlängst durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz implementierten Änderungen erlangen. Zu nennen sind hier etwa die tatbestandlichen Einschränkungen hinsichtlich des Entstehens von EBITDA-Vorträgen., der Nutzung von Zinsvorträgen sowie dem Untergang von EBITDA- und Zinsvorträgen im Falle von (Teil-) Betriebsübertragungen.
Es bleibt abzuwarten, wie das BVerfG in der Sache entscheiden wird. Für den Fall, dass ein Verfassungsverstoß der Zinsschranke bestätigt wird, stellt sich zudem die Frage, ob der Gesetzgeber erst für die Zukunft ("ex nunc") oder aber auch für die Vergangenheit ("ex tunc") zu einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften aufgerufen wird. In jedem Fall sollten betroffene Steuerpflichtige in der Praxis bis dahin Einspruch gegen etwaige Steuerbescheide einlegen.