Sollte Art. 70 ZK aus irgendwelchen Gründen nicht anwendbar sein, z. B. kein Verkauf, Verbundenheit der Unternehmen, Einschränkung der Verwendung usw., ist bei der Bewertung zwingend die folgende Reihenfolge vorzunehmen:

  1. Art. 74 Abs. 2a ZK kommt zur Anwendung: Es wird der Preis gleicher Waren zugrunde gelegt (Definition im Anschluss an Punkt b.).

    Ist eine Bewertung hiernach nicht möglich, kommt

  2. Art. 74 Abs. 2b ZK zur Anwendung: Es wird der Preis ähnlicher Waren zugrunde gelegt.

    Definitionen:

    • Gleiche Waren: in jeder Hinsicht gleich (Qualität, Beschaffenheit, Aussehen, Marke).
    • Ähnliche Waren: gleiche Eigenschaften und Materialbeschaffenheit – sie müssen austauschbar sein.

    Für beide gilt:

    • aus demselben Ausfuhrland,
    • grundsätzlich vom selben Hersteller,
    • annähernd zum gleichen Zeitpunkt ausgeführt und
    • gleiche handelsmäßige Umstände.

    Sollte weder eine Einfuhr gleicher oder gleichartiger Waren zum annähernd selben Zeitpunkt (= 2 Monate) stattgefunden haben, so ist nach

  3. Art. 74 Abs. 2c ZK die deduktive Methode anzuwenden. Das bedeutet, dass die Ware innerhalb einer Frist von 90 Tagen innerhalb der EG weiterverkauft werden muss. Aus diesem Wiederverkaufspreis ermittelt man unter Berücksichtigung der üblichen Handelsspannen, Zollabgaben usw. den Zollwert; es handelt sich also um eine Art Rückrechnung.

    Interessant hierbei ist, dass – wenn die Ware zu unterschiedlichen Preisen verkauft wird – der Preis der größten verkauften Menge zugrunde gelegt wird. Es wird also nicht die tatsachliche, sondern die branchenübliche Handelsspanne berücksichtigt.

    Sollte der Verkauf nicht innerhalb der vorgegebenen Frist stattfinden oder wünscht der Importeur diese Methode nicht (einzige Wahlmöglichkeit innerhalb des Bewertungssystems), ist nach

  4. Art. 74 Abs. 2d ZK ein errechneter Wert (Kalkulationsmethode) zugrunde zu legen. Die Voraussetzung hierfür ist, dass der Ausführer Einblick in seine Buchungsunterlagen gewährt und der Zollwert aus den nachweisbaren Materialkosten, Löhnen, üblichen Gewinnspannen usw. errechnet wird – was in der Praxis nicht häufig vorkommen dürfte, zumal der Zoll das im Herstellerland prüfen müsste.

    Sollte auch diese Möglichkeit nicht vorhanden sein, ist als letzte Methode nach

  5. Art. 74 Abs. 3 ZK die Schätzmethode anhand einwandfreier Unterlagen erlaubt. Die Schätzmethode darf allerdings nicht zur Grundlage haben:

    • den Verkaufspreis in der Gemeinschaft von Waren, die in der Gemeinschaft hergestellt wurden;
    • ein Verfahren, nach dem jeweils der höhere von 2 Alternativwerten für die Zollbehandlung heranzuziehen ist;
    • den Inlandsmarktpreis von Waren im Ausfuhrland;
    • andere Herstellungskosten als jene, die beim "errechneten Wert" für gleiche oder ähnliche Waren ermittelt wurden;
    • die Ausfuhrpreise in ein Land, das nicht vom Zollgebiet der Gemeinschaft umfasst ist;
    • Mindestzollwerte;
    • willkürliche oder fiktive Werte.

Dies war eine Kurzdarstellung der anderen – neben Art. 70 ZK – zulässigen Bewertungsmethoden.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?