Leitsatz
Der Zugewinnausgeichsforderung, die dem überlebenden Ehegatten, der weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden ist, zum Ausgleich des Zugewinns beim Tod des anderen Ehegatten zusteht, entspricht beim Erben eine Nachlassverbindlichkeit in der Form einer Erblasserschuld, die bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs mit ihrem Nennwert abzuziehen ist.
Normenkette
§ 5 Abs. 2, § 10 Abs. 1, Abs. 5 Nrn. 1 bis 3, Abs. 8, § 12 Abs. 1 ErbStG, § 1371 Abs. 2, § 1373 Abs. 2, § 1922 Abs. 1 BGB, § 12 Abs. 1 BewG
Sachverhalt
Die Klägerin ist Alleinerbin ihres anderweitig verheirateten Lebensgefährten geworden. Mit dessen Ehefrau und den Kindern der Eheleute einigte sie sich vergleichsweise über die Höhe der Pflichtteilsansprüche sowie bzgl. der Ehefrau zusätzlich über die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs.
Das FA ließ die diesen Ansprüchen entsprechenden Verpflichtungen der Klägerin nur in Höhe der Vergleichsbeträge zum Abzug zu. Demgegenüber verlangte die Klägerin, den Abzug der Verpflichtungen in der Höhe, in der sie tatsächlich entstanden sind. Darüber hinaus begehrte sie den Abzug verschiedener Kosten der Rechtsverfolgung. Die Klage hatte nur teilweise Erfolg (FG Nürnberg, Urteil vom 29.09.2005, IV 31/2004, Haufe-Index 1499031).
Entscheidung
Der BFH gab der Klägerin bzgl. der Zugewinnausgleichsverpflichtung recht. Die Verpflichtung habe zwar den Erblasser selbst nicht getroffen, sie rühre jedoch aus einem Dauerrechtsverhältnis her, in dem er zu Lebzeiten gestanden und das sich mit seinem Tod zu einer Ausgleichsverpflichtung verengt habe. Sie sei daher wie eine Erblasserschuld zu behandeln. Einigen sich die Erbin und die Ausgleichsberechtigte vergleichsweise über die Höhe der Verpflichtung, unterliege dieser Vergleich nicht den Grundsätzen über den Erbvergleich. Es gehe dabei nicht um die Bereinigung streitiger Erbrechtsverhältnisse. Der Vergleich regle keinen Erbrechts- sondern einen Familienrechtsstreit.
Anders sei der Vergleich über die Höhe der Pflichtteilsansprüche zu beurteilen. Er regle ein Erbrechtsverhältnis, sodass sich die Besteuerung sowohl auf Seiten der Berechtigten als auch auf Seiten der Verpflichteten nach dem Betrag richte, auf den man sich geeinigt habe.
Hinweis
1. Mit der o.a. Entscheidung lehnt es der BFH ab, Zugewinnausgleichsansprüche aus § 1371 Abs. 2 BGB vergleichbar den Pflichtteilsansprüchen beim Verpflichteten nur in der Höhe zum Abzug zuzulassen, wie sie geltend gemacht werden. Für eine derartige Beschränkung fehlt es an einer § 3 Abs. 1 Nr. 1 letzte Alternative ErbSt entsprechenden Rechtsgrundlage. Da es sich bei dem Zugewinnausgleichsanspruch auch nicht um einen erbrechtlichen, sondern um einen ehegüterrechtlichen Anspruch handelt, stellt ein Vergleich über sein Bestehen oder seine Höhe keinen Erbvergleich dar. Ein derartiger Vergleich ist erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlich.
Daher kommt das FA trotz eines solchen Vergleichs nicht umhin, sich selbst vom Bestehen des Anspruchs zu überzeugen und ggf. seine Höhe zu ermitteln. Es liegt jedoch auf der Hand, dass der Steuerpflichtige dafür die maßgeblichen Grundlagen liefern muss – er trägt die Beweislast – und dass sich die Ermittlungspflichten des FA in dem Maß mindern, wie der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht genügt. Bei der Berechnung des Zugewinns ist zu beachten, dass das Anfangsvermögen und die diesem hinzuzurechnenden Erwerbe zum Ausgleich der Geldentwertung zu indexieren sind (BFH, Urteil vom 27.06.2007, II R 39/05, BFH/NV 2007, 2012, BFH/PR 2007, 434).
2. Wie bei jeder Schuld, deren Abzug begehrt wird (vgl. letztmals BFH, Urteil vom 27.06.2007, II R 30/05, BFH/NV 2007, 1773, BFH/PR 2007, 396), muss zum Bestehen der Ausgleichspflicht hinzukommen, dass sie eine wirtschaftliche Belastung darstellt. Daran kann es auch nur partiell fehlen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der verstorbene Ehegatte einen hinzuzurechnenden Erwerb so verheimlicht und beiseite geschafft hat, dass er dem überlebenden Ehegatten verborgen bleiben wird. Allerdings dürfte dem verpflichteten Erben ein voller Abzug zuzubilligen sein, wenn er dem Ausgleichsberechtigten auf dessen allgemeines Auskunftsersuchen hin auch das bislang verschwiegene Vermögen mitteilt, und zwar spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem er selbst von dem Vermögen erfährt.
3. Zu den nach § 10 Abs. 8 ErbStG nicht abziehbaren Kosten der Rechtsverfolgung im Zusammenhang mit der eigenen Erbschaftsteuer gehören auch die Verfahrenskosten, die durch einen Rechtsstreit über die Höhe des Grundbesitzwerts eines erworbenen Grundstücks angefallen sind. Auch die vergeblichen Aufwendungen für ein Gutachten, mit dem ein niedrigerer gemeiner Wert des Grundstücks nachgewiesen werden sollte, sind nicht abziehbar. Dagegen sind Kosten für ein Privatgutachten, das im Rahmen eines Zivilrechtsstreits der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs dienen sollte, abziehbar. Sie fallen unter § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 01.07.2008, II R 71/06