Leitsatz
Bei der Festsetzung eines Verzögerungsgelds nach § 146 Abs. 2b AO hat das Finanzamt sein Ermessen pflichtgemäß auszuüben.
Sachverhalt
Bei der Klägerin, einer GmbH, wurde für die Jahre 2005 bis 2007 eine Betriebsprüfung angeordnet. Durch das Finanzamt wurde die Klägerin aufgefordert, sämtliche prüfungsrelevanten Unterlagen vorzulegen. Insbesondere aus Gründen des Streits über die Zuständigkeit kam die GmbH dem trotz mehrfacher Aufforderung nicht nach, so dass das Finanzamt schließlich ein Verzögerungsgeld i. H. v. EUR 2.500 gegen die GmbH festsetzte. Gegen den Bescheid legte die GmbH Einspruch ein. Sie führte an, sie habe die Vorlage der Unterlagen zu keiner Zeit verweigert. Die Festsetzung sei deshalb ermessensfehlerhaft. Der Einspruch wurde zurückgewiesen, so dass sich die GmbH an das Finanzgericht wandte.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Das Finanzamt ist durch § 146 Abs. 2b AO ermächtigt, im Rahmen einer Betriebsprüfung ein Verzögerungsgeld festzusetzen. Dies darf geschehen, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Pflicht zur Vorlage von Unterlagen oder zur Erteilung von Auskünften nicht nachkommt. Die Festsetzung liegt dann im Entschließungsermessen der Finanzbehörde. Dieses Entschließungsermessen hat das Finanzamt zutreffend ausgeübt. Hinsichtlich der Höhe des Verzögerungsgelds ist keine weitere Begründung erforderlich, da das Finanzamt die niedrigste gesetzlich vorgesehene Summe festgesetzt habt. § 335 AO, der die Einstellung von Zwangsmitteln bei Erfüllung der Pflicht regelt, gilt für das Verzögerungsgeld nicht.
Hinweis
Die Entscheidung ist insofern von einiger praktischer Bedeutung, als das erste Mal ein Finanzgericht eine Entscheidung zum Verzögerungsgeld zu treffen hatte. Der maßgebliche § 146 Abs. 2b AO wurde durch das JStG 2009 in die AO eingefügt. Die Regelung hat in der Literatur einige Kritik erfahren . Wichtig ist es zu erkennen, dass ein Verzögerungsgeld eben nicht nur dann festgesetzt werden darf, wenn im Rahmen der Verlagerung der elektronischen Buchführung in das Ausland etwas "schiefläuft", sondern immer auch dann, wenn im Rahmen einer Außenprüfung der Steuerpflichtige seiner Pflicht zur Auskunft oder Vorlage von Unterlagen nicht nachkommt. Dabei darf das Verzögerungsgeld zwischen 2.500 EUR und 250.000 EUR betragen. Angesichts dieser Höhe ist es immens wichtig, dass das Finanzamt im jeweiligen Einzelfall sein Ermessen, ob ein solches Verzögerungsgeld festgesetzt wird, ("Entschließungsermessen") sachgerecht ausübt. Sodann ist in einem zweiten Schritt stets zu prüfen, ob das Verzögerungsgeld in der zutreffenden Höhe festgesetzt wurde. Eine solche Ermessensausübung ist indes dann nicht erforderlich, wenn der gesetzliche Mindestsatz festgesetzt wird. Da auch dieser bereits 2.500 EUR beträgt, könnte es zukünftig dazu kommen, dass die Finanzämter vermehrt diesen Mindestsatz festsetzten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.02.2003, VI R 74/00Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 03.02.2010, 3 V 243/09