Leitsatz
1. § 15a Abs. 3 Satz 1 (Einlageminderung) und Satz 3 (Haftungsminderung) des Einkommensteuergesetzes sind gesellschafterbezogen auszulegen. Danach ist der fiktive Gewinn demjenigen Kommanditisten zuzurechnen, der die für die Einlageminderung erforderliche Entnahme tätigt oder für den die im Handelsregister eingetragene Haftsumme gemindert wird.
2. Die gesellschafterbezogene Betrachtung der Gewinnhinzurechnung gilt auch dann, wenn der Kommanditanteil unterjährig übertragen wird.
Normenkette
§ 15a Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, Abs. 4 Satz 5, § 6 Abs. 3 EStG, § 171 Abs. 10 Satz 1, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, § 171 Abs. 1, § 174 HGB
Sachverhalt
An der Klägerin, einer GmbH & Co KG, war zunächst der Beigeladene zu 1 (B) vermögensmäßig (allein) beteiligt. Die im Handelsregister eingetragene Hafteinlage betrug 25.564,59 EUR. In der Folgezeit leistete er Pflichteinlagen; die eingetragene Hafteinlage blieb jedoch unverändert. Mit Gesellschafterbeschluss vom 2.10.2003 wurde die Hafteinlage des B auf … EUR erhöht und am 7.10.2003 im Handelsregister eingetragen. Mit weiterem Beschluss vom 28.11.2003 minderten die Gesellschafter der Klägerin die bisherige Pflichteinlage des B um … EUR. Die Klägerin zahlte diesen Betrag an B aus. Das Kapitalkonto des B betrug danach ./. … EUR. Zum 2.12.2003 übertrug B seinen Anteil an der Klägerin auf die Beigeladene zu 2. (Z-Stiftung Z). Die Eintragung des Gesellschafterwechsels in das Handelsregister wurde (erst) 2004 beantragt. Z selbst tätigte im Streitjahr (2003) keine eigenen Entnahmen. Das FA rechnete der Z im Gewinnfeststellungsbescheid 2003 nach § 15a Abs. 3 EStG einen Gewinn von … EUR hinzu, da ihre Hafteinlage zum Bilanzstichtag am 31.12.2003 nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 1.7.2021, 11 K 1039/21 F, Haufe-Index 15217447) gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA zurück. Unstreitig habe Z im Streitjahr keine eigene Entnahme getätigt. Ihr könne auch die von B getätigte Entnahme selbst dann nicht als eigene zugerechnet werden, wenn B ihr seinen Kommanditanteil unentgeltlich übertragen hätte. Da § 15a Abs. 3 EStG gesellschafterbezogen auszulegen sei, könne ein fiktiver Gewinn durch Einlageminderung nur dem Kommanditisten zugerechnet werden, der die hierfür erforderliche Entnahme selbst getätigt habe. Ebenso könne auch der fiktive Gewinn infolge einer Haftungsminderung nur dem Kommanditisten zugerechnet werden, für den die im Handelsregister eingetragene Haftsumme gemindert werde. Da Z im Streitjahr noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei, habe für sie auch keine Haftsumme gemindert werden können.
Hinweis
1. Bei der Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG handelt es sich um eine mit den Einkünften nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlage. Als solche ist sie daher im Gewinnfeststellungsbescheid und nicht im Verlustfeststellungsbescheid gesondert festzustellen. Insoweit ist der Gewinnfeststellungsbescheid ein Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 Satz 1 AO für die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG.
2.§ 15a Abs. 3 EStG regelt eine Gewinnhinzurechnung für den Kommanditisten bei einer Einlageminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG) oder einer Haftungsminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 3 EStG).
a) Zweck der Regelung ist es, eine Umgehung der aus § 15a Abs. 1 EStG folgenden Begrenzung des Verlustausgleichs durch vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen oder eine nur vorübergehende Erweiterung der Außenhaftung zu verhindern. Anderenfalls könnten durch kurzfristige Einlagen oder Eintragung von Haftsummen in beliebiger Höhe Verlustverrechnungsmöglichkeiten geschaffen werden.
b) Rechtstechnisch geschieht dies nicht durch eine rückwirkende Änderung der Feststellung nach § 15a Abs. 4 EStG für das Jahr der Verlustentstehung, sondern durch die Zurechnung eines Betrages in Höhe der Einlage- oder Haftungsminderung als fiktiver (laufender) Gewinn. In gleicher Höhe wird der früher ausgleichsfähige Verlustanteil in einen verrechenbaren Verlustanteil "umgepolt" (§ 15a Abs. 3 Satz 4 EStG).
3. § 15a Abs. 3 Satz 1 (Einlageminderung) und Satz 3 (Haftungsminderung) EStG sind gesellschafterbezogen auszulegen. Danach ist der fiktive Gewinn demjenigen Kommanditisten zuzurechnen, der die für die Einlageminderung erforderliche Entnahme tätigt oder für den die im Handelsregister eingetragene Haftsumme gemindert wird.
4. Aufgrund der gesellschafterbezogenen Betrachtung kann eine Entnahme des Rechtsvorgängers einem unentgeltlichen Rechtsnachfolger auch nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zugerechnet werden. Der unentgeltliche Rechtsnachfolger tritt bezüglich der Entnahmen des Rechtsvorgängers in einen bereits durch seinen Rechtsvorgänger abgeschlossenen Vorgang ein. Er übernimmt ein durch die Entnahmen seines Rechtsvorgängers gemindertes (ggf. negatives) Kapitalkonto. Sollte der Rechtsvorgänger durch die Entnahmen vor der unen...