Leitsatz
Krankheitskosten sind bei der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung (agB) jedenfalls dann um die zumutbare Eigenbelastung zu kürzen, wenn es sich um nicht existenziell notwendige Aufwendungen (z.B. Chefarztbehandlung, Zweibettzimmer) handelt. Insoweit sind die Grundsätze der Rechtsprechung des BVerfG zur Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen nicht übertragbar auf als agB geltend gemachte Krankheitskosten.
Sachverhalt
Die Kläger machten Krankheitskosten in Höhe von 1.098 EUR als agB geltend, welche das FA ohne weitere Prüfung dem Grunde nach als abzugsfähig anerkannte. Wegen der zumutbaren Eigenbelastung in Höhe von 38.787 EUR, ergab sich jedoch kein Abzug als agB. Den Einspruch wies das FA mit der Begründung als unbegründet zurück, dass die Kläger entsprechend ihrer steuerlichen Leistungsfähigkeit die Belastung selbst tragen müssten. Im Klageverfahren tragen die Kläger u.a. vor, dass BVerfG habe in seiner Entscheidung v. 13.2.2008, 2 BvL 1/06, DStR 2008, S. 604 für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung entschieden, dass der für diese Versicherungsbeiträge aufgebrachte Teil des Einkommens von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszunehmen sei, mit der Folge, dass auch Einkommen bis zu einem sozialhilfegleichen Versorgungsniveau in voller Höhe steuerfrei bleiben müsse.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Kürzung der Aufwendungen um die zumutbare Eigenbelastung nicht verfassungswidrig sei. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung v. 13.2.2008, 2 BvL 1/06 darauf abgestellt, dass die konkreten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus nach Art und Umfang erforderlich sein müssten. Für die Berücksichtigung von Krankheitskosten bedeute dies, dass Krankheitskosten als Kosten der Existenzsicherung nicht generell abgezogen werden müssten. Etwas anderes könne nur für medizinische Leistungen gelten, die ein Sozialhilfeempfänger kostenfrei erhalten würde. Da den Klägern ein Einkommen verbleibe, das deutlich weit über dem Regelsatz für das Existenzminimum liege, sei eine existenzielle Betroffenheit der Kläger nicht zu erkennen.
Hinweis
Da das FG die Revision nicht zugelassen hat, haben die Kläger NZB eingelegt, welche beim BFH unter dem Az. VI B 150/12 geführt wird. Das FG Hamburg hat in einem ähnlich gelagerten Fall mit Urteil v. 14.6.2012 1 K 28/12 die gleiche Entscheidung getroffen. Auch in diesem Fall ist eine NZB mit dem Az. VI B 116/12 beim BFH anhängig. Während die in vergleichbaren Fällen bisher zahlreich eingelegten Einsprüche nur auf Antrag aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO ruhten, haben Betroffene nunmehr einen Anspruch auf Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO, wenn sie sich auf die o.a. Verfahren beim BFH beziehen.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.09.2012, 4 K 1970/10