Leitsatz
Umsätze der Krankenhäuser sind, auch soweit sie die ärztliche Heilbehandlung einschließen, grundsätzlich nur dann steuerfrei, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 i.V.m. § 67 AO 1977 erfüllen; die Befreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 findet auf sie grundsätzlich keine Anwendung.
Normenkette
§ 4 Nr. 14 UStG , § 4 Nr. 16 UStG , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL , Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Die Klägerin – als Publikums-Personengesellschaft errichtet – betrieb ein Sanatorium einschließlich medizinischer Leistungen in Form einer staatlich konzessionierten, internistisch ausgerichteten privaten Krankenanstalt. Zur Behandlung ihrer Patienten beschäftigte die Klägerin Ärzte, Krankenschwestern, Arzthelferinnen, Laboranten und Physiotherapeuten. Sie begehrte – weil die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG nicht vorlagen – erfolglos die Steuerbefreiung ihrer Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG mit der Begründung, es gebe keinen Grund, ärztliche Leistungen je nachdem unterschiedlich zu behandeln, ob sie in oder außerhalb eines Krankenhauses erbracht würden.
Das BVerfG hatte beanstandet, dass in der vorausgehenden Entscheidung der Klägerin die Steuerbefreiung wegen der Rechtsform versagt worden war.
Entscheidung
Der BFH war entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung mit dem BVerfG der Ansicht, dass es gegen das Gleichbehandlungsgebot nach dieser Vorschrift verstoßen würde, der Klägerin lediglich mit Hinweis auf ihre Rechtsform die begehrte Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 zu versagen.
Der entscheidende Grund, der es rechtfertige, die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 generell zu befreien und die Umsätze eines Krankenhauses, auch soweit es um die ärztliche Behandlung geht, nur zu befreien, wenn sie von gemeinnützigen Krankenhäusern nach Maßgabe des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 erbracht werden, sei dadurch gerechtfertigt, dass die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 regelmäßig außerhalb von Krankenanstalten im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelndem erbracht werden, während die ärztliche Behandlung durch Krankenhäuser regelmäßig aus einer – wie der EuGH sagt – Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen besteht, die in einer Vielzahl sonstiger Krankenhausleistungen eingebettet sind und mit diesen einheitlich umsatzsteuerrechtlich behandelt werden müssen. Es erscheine im Rahmen der dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsfreiheit sachgerecht, dass er die Leistungen der Krankenhäuser nur dann gem. § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 befreit, wenn sie in besonderem Maß sozial schützenswerten Patienten zugute kommen.
Hinweis
Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980 sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker" steuerfrei. Nach Satz 3 dieser Vorschrift sind die Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines Krankenhauses mit Ausnahme der ärztlichen Leistungen nur steuerfrei, wenn die in Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 bezeichneten Voraussetzungen – mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage müssen auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§§ 5, 6 und 21 der Bundespflegesatzverordnung) berechnet werden – erfüllt sind.
§ 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 umfasst alle mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsätze, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung. Auf diese Umsätze findet die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG 1980 grundsätzlich keine Anwendung, denn ein Krankenhaus erbringt mit Hilfe seines gesamten Personals und seiner medizinischen Ausrüstung Behandlungsleistungen, die nicht als Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG 1980 subsumiert werden können. Eine andere Frage ist, ob einzelne Krankenhausärzte liquidationsberechtigt sind und aufgrund dieser Berechtigung eigene nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980 steuerfreie Umsätze an die Patienten erbringen.
§ 4 Nr. 14 UStG 1980 beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL und § 4 Nr. 16 UStG 1980 auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL. Der EuGH hat sich wiederholt (zuletzt Urteil vom 6.11.2003, Rs. C-45/01, Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie, BFH/PR 2004, 69) mit dem Verhältnis zwischen beiden Befreiungstatbeständen befasst und betont, dass solche Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL zu befreien sind, die aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung wie der...