Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Eine fast ausschließlich berufliche Nutzung eines privaten PKW schließt es nicht aus, dass für die Anschaffung und Nutzung nicht allein berufliche Gründe maßgeblich sind, sondern die Entscheidung auch von einer persönlichen Vorliebe für luxuriöse PKW beeinflusst worden ist.
Sachverhalt
Ein angestellter Geschäftsführer hatte zunächst einen Firmenwagen zur betrieblichen und privaten Nutzung. Dann wurde sein Arbeitsvertrag dahingehend geändert, dass er für Dienstfahrten seine privaten Kraftfahrzeuge nutzen sollte, zum Ausgleich wurde sein Grundgehalt entsprechend erhöht. Für Dienstfahrten nutzte der Geschäftsführer zuerst einen Porsche in Kombination mit einem Mercedes-Kombi, später einen Mercedes SL 63 AMG in Kombination mit einem Audi Avant Kombi. In seiner Einkommensteuererklärung machte er als Werbungskosten Reisekosten in Höhe von 111.330 EUR geltend.
Das Finanzamt erkannte die Kosten nur in Höhe von 21.708 EUR an, da die Aufwendungen für die betriebliche Nutzung der Privatfahrzeuge gemäß § 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nur in dieser Höhe als angemessen anzusehen seien. Er habe den Großteil der Dienstreisen mit den laut Listenpreis billigeren Fahrzeugen durchgeführt, sodass für die Anschaffung des jeweils zweiten Autos nicht allein berufliche Gründe maßgebend gewesen sein könnten. Es seien der Berechnung der Gesamtkosten daher nur die Anschaffungskosten des jeweils günstigeren Fahrzeugs zugrunde zu legen. Der Geschäftsführer widersprach. Die Kosten seien fast ausschließlich beruflich veranlasst. Er nutze für private Fahrten das Rad. Zudem sei er verpflichtet gewesen, Geschäftsreisen mit dem eigenen PKW durchzuführen, sein Arbeitgeber habe dabei einen entsprechenden Repräsentationsaufwand verlangt. Außerdem habe er jeweils zwei Fahrzeuge vorhalten müssen, da er bei Terminen auch große Geräte, z.B. Demo-Computer, habe mitführen müssen. Für diesen Zweck sei ein Fahrzeug mit Heckklappe und entsprechendem Kofferraum unabdingbar gewesen.
Entscheidung
Vor dem Finanzgericht hatte der Geschäftsführer keinen Erfolg. Grundsätzlich sei die Höhe der Aufwendungen, ihre Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit für die Anerkennung als Betriebsausgaben ohne Bedeutung. Aufwendungen, die "die Lebensführung berühren", dürfen allerdings den Gewinn nicht mindern, "soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind", § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG. Die Unangemessenheit sei nicht nur nach der Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise, sondern nach der Anschauung breitester Bevölkerungskreise zu beurteilen (BFH, Urteil v. 4.8.1977, IV R 157/74, BStBl 1978 II S. 93).
Zwar wurden die PKW hier fast ausschließlich beruflich genutzt. Dies schließe es jedoch nicht aus, dass für die Entscheidung des Klägers, für Dienstfahrten gleichzeitig zwei Fahrzeuge der Oberklasse zu nutzen, nicht allein repräsentative berufliche Gründe maßgeblich waren, sondern die Entscheidung auch von seiner persönlichen Vorliebe für luxuriöse Fahrzeuge beeinflusst worden sei. Hierfür spreche, dass aus der Sicht seiner Arbeitgeberin die Nutzung eines Mittelklassewagens für berufliche Repräsentationszwecke ausreichend und damit angemessen war. Dies ergab sich aus dem alten Arbeitsvertrag. Ein weiteres Indiz für einen Bezug zur privaten Lebensführung sei die Tatsache, dass die genutzten zweisitzigen Sportwagen der Marke Porsche und Mercedes für berufliche Zwecke nicht uneingeschränkt geeignet waren, sodass für den Transport der Demo-Computer die Nutzung eines zweiten, für den Transport besser geeigneten PKW erforderlich wurde.
Hinweis
Generell gilt: Verwendet der Arbeitnehmer für berufliche Zwecke seinen privaten PKW, sind die bei der Durchführung der Dienstfahrten entstandenen tatsächlichen Kosten Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 EStG. Hierzu zählt in Höhe der anteiligen beruflichen Nutzung des PKW neben den laufenden Kosten und der AfA bei einem geleasten PKW auch eine bei Leasingbeginn zu erbringende Sonderzahlung, sofern es sich dabei nicht um Anschaffungskosten handelt (BFH, Urteil v. 5.5.1994, Az. VI R 100/93, BStBl 1994 II S. 643). Bei Neuwagen ist von den Anschaffungskosten auszugehen, die der Berechnung der Leasingrate zu Grunde gelegt wurden. Ist dieser Wert nicht bekannt, ist der Neupreis ausschlaggebend.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2011, 2 K 1253/11