Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Das Fortführen eines Betriebs trotz andauernder Verluste ist in der Regel ein Beweisanzeichen für eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht. Der Beweis gilt in der Regel als erbracht, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird, und nach seiner Wesensart sowie der Art seiner Bewirtschaftung nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann.
Sachverhalt
Eine Pferdewirtin betrieb einen Pferdehandel. Sie hatte bereits 4 Pferde und 2 Ponys im Privatvermögen, die in das Betriebsvermögen übernommen wurden. Während der gesamten Betriebsdauer hatte sie kein Pferd im Privatvermögen. Die betriebliche Tätigkeit bestand darin, dass Jungpferde gekauft, ausgebildet und dann wieder veräußert wurden. Der Betrieb wurde auf dem Wohngrundstück ausgeübt. Für die betriebliche Nutzung zahlte die Pferdewirtin an ihren Ehemann, einen selbstständigen Arzt und der Eigentümer des Grundstücks, Pacht. Der Betrieb wurde nach knapp 5 Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Im zweiten, dritten und vierten Betriebsjahr beliefen sich die Verluste im Schnitt auf je 40.000 EUR. Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass trotz der angefallenen Verluste keine angemessene Reaktion auf die negative Geschäftsentwicklung erfolgt sei. Er verneinte eine Gewinnerzielungsabsicht und rechnete den Betrieb der Liebhaberei zu. Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide des Finanzamts wehrte sich die Pferdewirtin. Bei der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht beim Pferdehandel sei zu berücksichtigen, dass erst nach mehreren Jahren eine Gewinnrealisierung möglich sei, da die Ausbildung eines Pferdes sehr lange dauere.
Entscheidung
Vor dem FG hatte die Pferdewirtin keinen Erfolg. Die Finanzrichter waren davon überzeugt, dass der Betrieb eines Pferdehandels in der hier gewählten Form keine Chance bot, jemals einen Totalgewinn zu erzielen. Dies zeigte sich in der relativ hohen Verlustsituation über die Streitjahre hinweg, die auf nicht nachvollziehbare betriebswirtschaftliche Annahmen der Pferdewirtin beruhte. Das Finanzamt habe zu Recht darauf hingewiesen, dass mindestens 12 Pferde ständig hätten gehalten werden müssen, um die Verkaufserlöse zu erzielen, die für einen Ausgleich allein der Verluste von jährlich 40.000 EUR erforderlich gewesen wären. Denn nach dem Vortrag der Pferdewirtin wäre bei den Betriebskosten von ca. 40.000 EUR je Kalenderjahr ein Verkauf von 3 bis 4 Pferden erforderlich gewesen. Nach einem Schreiben des Steuerberaters sei man von einem kalkulierten Mindestertrag je Pferd von 10.000 EUR ausgegangen. Damit wären bei einer Ausbildungszeit von 3 bis 4 Jahren pro Pferd mindestens 12 Pferde ständig im Bestand zu halten gewesen. Davon war die Pferdewirtin aber mit ihren realen Beständen weit ab. Sie hatten maximal nur 8 Pferde im Bestand. Dies Missverhältnis zeige daher, dass der Betrieb, so wie er von Anfang an betrieben wurde, nicht geeignet war, Gewinne zu erzielen.
Hinweis
Andauernde Verluste über die Anlaufzeit hinaus sind in der Regel ein Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Liebhaberei, weil die Betriebsfortführung trotz Verlust für die Annahme spricht, dass der Betrieb bei gleichbleibender Form der Betriebsführung nicht darauf angelegt ist, Gewinne zu erzielen. Ein weiterer Hinweis ist die Feststellung, dass der Betrieb aus persönlichen Gründen, z. B. aufgrund einer besonderen Neigung unterhalten wird. Der Beweis, dass ein über Jahre hin mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, kann auch dann als erbracht gelten, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird und nach seiner Wesensart sowie der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten kann (z. B. BFH, Urteil v. 15.11.1984, IV R 139/81, BStBl 1985 II S. 205).
Die Grundsätze zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht gelten in der Regel nicht für die Anlaufzeit eines Betriebs. Verluste der Anlaufzeit können nur steuerlich unberücksichtigt bleiben, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass er, so wie er vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb objektiv von Anfang an keine Einkunftsquelle darstellte (BFH, Beschluss v. 16.5.2006, VIII B 160/05, BFH/NV 2006 S. 1477).
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.04.2013, 11 K 138/12