Leitsatz
Ein Dritter ist am Verfahren über die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids beteiligt (§ 174 Abs. 5 S. 1 AO), wenn er hinzugezogen worden ist und wenn das Verfahren durch Erlass einer ihm, dem Dritten, bekannt gegebenen Einspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 1 S. 1 AO) endet, in der dem Einspruch stattgegeben wird.
Normenkette
§ 174 Abs. 4 und 5 AO, § 40 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Der Beigeladene hatte – als Treuhänder – ein bebautes Grundstück im eigenen Namen erworben und saniert. Wem der Vorsteuerabzug zustand war streitig und das FA schwankte in Bescheiden an den Treuhänder und die Treugeber (GbR) hin und her. Das FA gab dem Einspruch des Beigeladenen statt, hob die ihm nachteiligen Bescheide in einer Einspruchsentscheidung auf. Diese gab es der GbR bekannt.
Das FG (Sächsisches FG, Urteil vom 11.10.2007, 2 K 1086/06, Haufe-Index 1963405, EFG 2008, 1471) meinte, die Klage der GbR sei unzulässig. Hiergegen die Revision des FA, das ein Interesse an einer materiellrechtlichen Entscheidung über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug hatte.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass die Revision des FA zulässig war und das FG die Klage hätte als unbegründet abweisen müssen. Dem in eigenem Namen tätigen Treuhänder steht der Vorsteuerabzug zu. Die Grundsätze zu § 174 Abs. 5 AO ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Eine – für die Zulässigkeit einer Revision erforderliche – Beschwer des FA liegt auch vor, wenn das FG die Klage statt durch Sachurteil durch Prozessurteil als unzulässig abweist.
2.§ 174 Abs. 5 S. 1 AO i.V.m. § 174 Abs. 4 S. 1 AO erlaubt, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein fehlerhafter Steuerbescheid aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, die richtigen steuerlichen Folgerungen bei einem Dritten zu ziehen, wenn der Dritte zu diesem Verfahren beigezogen worden ist. "Bestimmter Sachverhalt" ist ein einheitlicher Lebensvorgang, aus dem steuerrechtliche Folgerungen sowohl bei dem Steuerpflichtigen als auch bei dem Dritten zu ziehen sind wie z.B. im Besprechungsurteil die Frage, ob der Vorsteuerabzug dem Treugeber oder dem Treuhänder zusteht.
3. Klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO) ist, wer geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Wer zum Einspruchsverfahren hinzugezogen worden ist, kann – innerhalb dieses Einspruchsverfahrens – dieselben Rechte geltend machen wie derjenige, der den Einspruch eingelegt hat. Wird der Einspruch durch einen ohne Zustimmung des Beigeladenen oder seinen entsprechenden Antrag ergangenen Abhilfebescheid beendet, liegt keine Beteiligung i.S.v. § 174 Abs. 5 S. 1 AO vor. Gibt aber das FA in einer Einspruchsentscheidung dem Begehren des Einspruchsführers ganz oder teilweise statt und gibt es diese Einspruchsentscheidung dem Beigeladenen (Dritten) bekannt, kann er sich – eigentlich selbstverständlich – gegen den ihm bekannt gegebenen und ihm nachteiligen Verwaltungsakt durch eine Klage wehren.
Er muss dies auch. Denn diese Entscheidung wirkt nach § 174 Abs. 5 AO auch gegen ihn, den Dritten. Zieht das FA schließlich die Folgerungen aus der Einspruchsentscheidung durch einen ihm, dem Dritten, gegenüber auf § 174 Abs. 5 AO gestützten Änderungsbescheid, kann er gegen diesen Änderungsbescheid nicht mehr geltend machen, die Beurteilung des "bestimmten Sachverhalts" sei unzutreffend. Erteilt das FA eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung, ist dies ein Grund für eine Wiedereinsetzung bei Verspätung der Klage. Nach Ablauf eines Jahrs ist auch damit allerdings nichts mehr zu machen (§ 56 Abs. 3 FGO).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.02.2009 – V R 81/07