Leitsatz
Schüttet eine ausländische Kapitalgesellschaft Dividenden aus, die nach Maßgabe eines DBA (hier: DBA Indien 1959/1984) steuerfrei sind, sind die daraus resultierenden Währungskursgewinne und -verluste den ausländischen Dividenden nur dann zuzurechnen, wenn sie im Zeitpunkt der Dividendenvereinnahmung entstehen. Bei Gewinnermittlung durch Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist dies der Zeitpunkt des Einnahmezuflusses, bei Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) der Zeitpunkt der Forderungsentstehung. Währungskursgewinne und -verluste, die erst im Anschluss hieran eintreten, sind nicht auf die Erzielung steuerfreier ausländischer Einnahmen, sondern auf die Verwaltung der Dividendenforderung zurückzuführen.
Normenkette
Art. VII Abs. 1 bis 3 DBA-Indien 1959/1984 , Art. XVI Abs. 3 Buchst. a DBA-Indien 1959/1984 , § 3c EStG , § 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG , § 5 Abs. 1 EStG , § 11 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist mit einer AG, der B-AG, diese als Organgesellschaft, aufgrund eines körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnisses verbunden. Die B-AG hält 40 % der Anteile an einer indischen Kapitalgesellschaft, der B-Ltd. Im Streitjahr 1991 erhielt die B-AG von der B-Ltd. Dividenden, die nach Art. XVI Abs. 3 Buchst. a Sätze 1 und 2 i.V.m. Art. VII Abs. 2 DBA Indien 1959/1984 steuerfrei waren. Die Dividendenansprüche bilanzierte die B-AG mit dem jeweils am Tag des Ausschüttungsbeschlusses gültigen Umrechnungskurs. Spätere Kursveränderungen zum 31. 3. und zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Dividenden behandelte sie als Aufwand bzw. Ertrag.
Das FA folgte dem nicht. Es vertrat die Auffassung, die Kursgewinne und -verluste stünden in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den steuerfreien Dividenden und könnten deshalb das steuerliche Ergebnis nicht beeinflussen.
Entscheidung
Anders als das FG gab der BFH der Klägerin Recht:
Er legt zunächst fest, dass der abkommensrechtlich verwendete Begriff der Einkünfte spezifisch abkommensrechtlich zu verstehen sei. Bei Dividenden sei dies gemeinhin ein Bruttobetrag, was wiederum zur Folge habe, dass mit den Dividenden zusammenhängende Betriebsausgaben in jenem Umfang, in dem steuerfreie Dividenden zufließen, im Inland nicht zu berücksichtigen seien.
Das alles sei im Streitfall aber nur von sekundärer Bedeutung. Währungsverluste (ebenso wie Währungsgewinne) hingen zwar mit den betreffenden Dividenden wirtschaftlich zusammen. Diese – ferne – Ursächlichkeit führe jedoch nicht dazu, dass sie auch konkret durch das Erzielen der Einnahmen bedingt seien. Das sei lediglich dann der Fall, wenn es sich um einen Steuerpflichtigen handle, der die Anteile im Privatvermögen halte oder der seinen Gewinn durch Überschussrechnung ermittele. Ein solcher Steuerpflichtiger vereinnahme die Beträge nämlich erst im Zuflusszeitpunkt.
Handle es sich hingegen um einen Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch Vermögensvergleich ermittle, dann verwirkliche sich die Einnahmeerzielung bereits mit dem Entstehen der Dividendenforderung, also im Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses. Zu diesem Zeitpunkt sei die Forderung zu aktivieren, blieben infolge des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs aber steuerfrei. Nachfolgende Kursverluste, die sich im späteren Zahlungszeitpunkt – als Forderungsvollzug – realisierten, seien dann nicht auf die Dividende, vielmehr auf die Verwaltung der Dividendenforderung zurückzuführen und minderten oder erhöhten folglich den inländischen Gewinn.
Hinweis
1. Das Urteil ist in Zeiten der Globalisierung nicht ohne Relevanz: Verfügt Ihr Mandant über Kapitalbeteiligungen im Ausland, so ordnen die einschlägigen DBA das Besteuerungsrecht für die daraus fließenden Dividenden im Grundsatz durchweg dem Ansässigkeitsstaat des Dividendenempfängers zu (vgl. Art. 10 Abs. 1 OECD-MA). Dem Ansässigkeitsstaat der ausschüttenden Gesellschaft (Quellenstaat) bleibt aber seinerseits das Recht zur (Quellen-)Besteuerung bis zur Grenze bestimmter Höchststeuersätze, die sich danach unterscheiden, ob es sich um sog. Schachtel- oder Streudividenden handelt (vgl. Art. 10 Abs. 2 OECD-MA). Die Quellensteuer wird im Ansässigkeitsstaat regelmäßig angerechnet oder es wird für sie die Steuerfreistellung (das sog. Schachtelprivileg) gewährt. Um einen derartigen Fall des Schachtelprivilegs ging es im Urteilsfall.
2. Was aber ist nun mit Gewinnen, die deswegen vereinnahmt werden, weil die Währungskurse zwischen jenem Zeitpunkt, in dem die Forderung auf die Dividende entsteht, und jenem Zeitpunkt, in dem tatsächlich gezahlt wird, schwanken? "An sich" gehören sie ebenfalls zu den Dividenden und müssten folglich gleichermaßen "schachtelprivilegiert", also steuerfrei bleiben.
Man kann das aber auch anders sehen: Der bilanzierende Kaufmann muss die Dividendenforderung ausweisen, wenn sie entstanden ist, also mit der Beschlussfassung über die Gewinnverteilung. Dieser Zugang wirkt sich infolge der abkommensrechtlichen Einkünftezuordnung allerdings ertragsteuerlich nicht aus; die betreff...