Kommentar
Mit Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 5.10.2020 wurden Einsprüche und Änderungsanträge wegen der Anpassung der Renten in den ostdeutschen Bundesländern an das Westniveau zurückgewiesen.
Am 3.12.2019 (X R 12/18) hat der BFH entschieden, dass die Angleichung der Renten in den ostdeutschen Bundesländern (im Jahr 30 der Vereinigung erscheint es noch schwer von Beitrittsgebiet zu sprechen) auch als eine regelmäßige Rentenanpassung nach § 22 Nr. 1 Satz 3a aa) Satz 7 EStG zu sehen ist. Dies hat dann eine höhere Besteuerung der Rentenanpassung zur Folge (vgl. Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 39. Aufl. 2020, § 22 EStG Rz. 93). Da die Renten in den ostdeutschen Bundesländern immer etwas höher steigen als im Westen, um eine Angleichung herbeizuführen, ließe sich mit guten Gründen vertreten, dies sei keine regelmäßige Rentenanpassung.
Der BFH (vgl. auch Kommentierung) hat dies allerdings anders gesehen, und die Finanzverwaltung macht sich diese Rechtsprechung zu eigen. Demgemäß werden anhängige Verfahren zurückgewiesen. Wer sich weiter wehren will, muss jetzt Klage erheben. Ein Einspruch ist ausgeschlossen. Da eine Klage Kosten verursacht und auch einige Formalien zu beachten sind, sollte sich derjenige, der die Einreichung einer Klage erwägt, unbedingt fachmännischen Rat einholen.
Allgemeinverfügung weist Einsprüche und Anträge zurück
Bereits seit einigen Jahren besteht für die Finanzverwaltung die Möglichkeit nach § 172 Abs. 3 AO Anträge und nach § 367 Abs. 2b AO Einsprüche in sog. Massenverfahren durch eine Allgemeinverfügung zurückzuweisen. Massenverfahren sind hierbei solche Verfahren, die eine Vielzahl von Fällen betrifft. Gegenstand des Verfahrens muss hierbei eine Rechtsfrage sein, die beim EuGH, dem Bundesverfassungsgericht oder dem BFH anhängig ist. Entscheidet dieser, kann die Finanzverwaltung die Vielzahl von Verfahren mittels einer Entscheidung erledigen. Eine Allgemeinverfügung ist hierbei in § 118 Satz 2 AO definiert. Es handelt sich um einen Verwaltungsakt, der sich einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet, hier also alle diejenigen, die Einspruch eingelegt haben oder einen Änderungsantrag gestellt haben.
Grundzüge des BMF-Schreibens
Die wesentlichen Aspekte der Allgemeinverfügung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Anträge und Einsprüche wegen der Frage der Besteuerung der Angleichung von Ost- an Westrenten werden aufgrund der Entscheidung des BFH im Wege der Allgemeinverfügung zurückgewiesen.
- Gegen die Allgemeinverfügung kann nur Klage erhoben werden. Ein Einspruch ist ausgeschlossen.
- Die Klage ist beim Finanzgericht zu erheben. Zuständig ist das Finanzgericht, in dessen Bezirk sich das Finanzamt befindet, dass den Verwaltungsakt erlassen hat.
- Die Klage ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erheben. Die Klagefrist beträgt ein Jahr ab der Veröffentlichung der Allgemeinverfügung im Bundessteuerblatt. Es gelten hierbei die allgemeinen Bestimmungen der FGO für die Einreichung von Klagen.
Link zur Verwaltungsanweisung
Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder v. 5.10.2020